Steigender Umsatz trotz sinkendem Raucheranteil
Der Konsum mit klassischen Zigaretten geht in den USA seit den 50er Jahren zurück. War dies jahrelang auf massive Antiraucherkampagnen der Regierung zurückzuführen, spielt hier heute vor allem der neue Megatrend „Gesundheitsbewusstsein“ hinein. In den USA – dem einzigen Markt von Altria – ging die Zahl der Raucher im internationalen Vergleich in den letzten zwölf Jahren mit am stärksten zurück. Waren 2009 noch 16,1 % der Bevölkerung Raucher, waren es 2015 schon nur noch 11,4 %. Heute greift nicht einmal mehr jeder zehnte Erwachsene in den USA zur klassischen Zigarette.
Dennoch steigerte Altria seinen Umsatz stetig weiter bzw. konnte diesen in den letzten fünf Jahren sehr stabil (mit nur noch geringen Wachstumsraten von knapp 1 %) halten. Trotz rückläufiger Raucherzahl nimmt das Marktvolumen für Tabakprodukte nämlich erstaunlicherweise zu. Diese auf den ersten Blick widersprüchliche Entwicklung hat zwei Gründe, von denen Altria profitiert: Zum einen nimmt der Konsum von Zigarettenalternativen (E-Zigaretten, Verdampfer, Kautabak) zu, zum anderen gelingt es Altria ganz hervorragend, Preissteigerungen durchzusetzen.
In den USA gibt es für Zigaretten keine Preisbindung wie in europäischen Ländern – so variiert der Preis für eine Schachtel von US-Bundesstaat zu Bundesstaat teilweise stark. Im Schnitt kann Altria aber höhere Preise verlangen als PMI für dieselben Marken auf den Märkten Europa und China. Zum Vergleich: In Deutschland kostet eine Schachtel Marlboro 7,00 EUR. In New York müssen Raucher dafür umgerechnet schon fast 14,00 EUR hinblättern. Altria kann dadurch höhere Margen erzielen als sein „Schwesterkonzern“.
Wachstumstreiber Kautabak
In den USA boomt das Geschäft mit Kautabak. Auch dies konnte den rückläufigen Zigarettenkonsum bisher gut kompensieren. Auch in diesem Segment ist Altria in den USA die Nr. 1. Der Umsatz im Bereich Kautabak wächst stetig und die operative Marge ist hier mit über 60 % am höchsten. Bei mittlerweile schon 12 % Umsatzanteil kann man allmählich nicht mehr von einem Nischengeschäft sprechen. In den USA erfreute sich Kautabak schon immer höherer Beliebtheit als in anderen Regionen der Welt. Mit seinen Marken (z.B. Copenhagen) hält Altria einen Marktanteil von 50 %. Die Konzerntochter, die dieses Geschäft betreibt, trägt einen Vorteil, den Kautabak gegenüber Zigaretten bietet, bereits im Namen. Das Unternehmen heißt nämlich U.S. Smokeless Tobacco Company.
Doch dass Kautabak (auch „Priem“ genannt) in den USA so beliebt ist, liegt nicht nur daran, dass diese Form des Tabakkonsums rauchfrei ist und damit weder Geruchsbelästigung noch Gesundheitsrisiken für Nichtkonsumenten mit sich zieht. Bis heute hat Kautabak für US-Amerikaner aufgrund einer sehr beliebten Mannschaftssportart einen starken Kultcharakter. Es geht um Baseball. Bis vor knapp vier Jahren war der Konsum von Kautabak in der Major League (die „1. Bundesliga“ im Baseball) während eines Matchs selbst für Spieler auf dem Feld gestattet. Viele ML-Spieler machten davon Gebrauch, was auch auf Fans abfärbte, die ihren Idolen nacheifern. Im Dezember 2017 wurde diesbezüglich zwar ein Verbot ausgesprochen, wie dies aber manchmal mit Verboten so ist, blieb der „Kultcharakter“ dadurch erst recht bei Fans erhalten.
IQOS in USA noch in den Kinderschuhen – aber auf dem Vormarsch
Entwickelt wird das Verdampfersystem IQOS von PMI. Das Unternehmen vertreibt das Gerät weltweit – einzige Ausnahme: der US-Markt. Dort ist das „Schwesterunternehmen“ Altria (als Lizenznehmer von PMI) zuständig. In den USA steht IQOS noch ganz am Anfang. Wenn Altria am US-Markt eine Marktdurchdringungen gelingt, wie PMI dies in den letzten Jahren in Europa schaffte würde dies einen großen Wachstumsschub für beide Konzerne bedeuten (Altria als Exklusivvertreiber, PMI durch Lizenzeinnahmen).
An der IQOS-Front in den USA geht es zwar in langsamen Schritten, aber sukzessive voran. Altria testete das „neue Produkt“ ganz bewusst erst einmal vor seiner Haustür aus. Die Nachfrage in den Testmärkten Richmond und Atlanta verliefen gut, sodass das Tempo allmählich hochgefahren wird. Nach Eröffnung des dritten IQOS-Store in Charlotte, North Carolina, wird das Geschäft mit den „HeatSticks“ – so die Konzernbezeichnung für die Verdampferstäbchen – im weiteren Verlauf dieses Jahres auf die Staaten Georgia, Virginia und South Carolina ausgedehnt. Auch in das Vertriebsnetz mit Händlern wird nun verstärkt investiert.
Damit sollte es auch kein Problem werden, die vom Lizenzgeber PMI gesteckten Ziele bis 2024 zu erreichen. Um die Exklusivrechte für den US-Markt über das Jahr 2024 hinaus verlängert zu bekommen, muss Altria eine Marktdurchdringung von 0,5 % erreichen. Wir halten dies für keine allzu hohe Hürde. Selbst wenn IQOS nur halb so gut bei den Amerikanern ankäme wie bei den Europäern und Asiaten, wäre das Wachstum riesig.
Option auf das Cannabis-Geschäft
Noch gibt es in den USA keine flächendeckende Legalisierung, wie sie die Regierung in Kanada umgesetzt hat. Die Gesetze sind weiterhin von US-Bundesstaat zu US-Bundesstaat unterschiedlich. Doch eine fortschreitende „Öffnung“ ist zu erkennen. Der US-Cannabis-Markt soll in den nächsten Jahren, vor allem im medizinischen Anwendungsbereich, stark wachsen.
Das mögliche Potenzial des Cannabis-Marktes hat auch Altria erkannt. Anfang 2019 übernahm der Konzern für 1,8 Mrd. USD 45 % der Anteile an Cronos, einem kanadischen Hanfunternehmen. Dank der großen Mittel von Altriahat Cronos nun gute Voraussetzungen für eine US-Expansion. Davon hätten Cronos und Altria als Großaktionär beide etwas. Denkbar wäre zum Beispiel, dass Cronos seinem Wettbewerber Canopy Growth nacheifert und eine Hanfproduktionsstätte in den USA errichtet.
Klar ist: Die Zukunft von Hanfproduzenten hängt auch künftig vollständig an politischen Entscheidungen. Von einem direkten Investment in ein reines Cannabis-Unternehmen, dessen Existenz alleine an diesem Tropf hängt, halten wir daher weiterhin nichts. Im Fall von Altria ist dies aber nur eine Option. Geht diese auf, kann sich daraus interessantes Wachstum ergeben. Geht es nicht oder nicht mehr auf, bleibt immer noch das Tabakgeschäft, in dem Altria über eine Top-Position und jahrzehntelange Markterfahrung verfügt.
In Sachen Dividende kaum zu toppen
Altria ist ein Dividendenaristokrat wie er im Buche steht. In den letzten 52 Jahren hob der Konzern die Ausschüttung sage und schreibe 56-mal an! Im zweiten Quartal 2021 erwirtschaftete Altria einen Umsatz in Höhe von 6,6 Mrd. USD (Vorjahr: 6,4 Mrd. USD). Der US-amerikanische Tabakkonzern erhöhte daraufhin die Quartalsdividende um 4,7 % von 0,86 USD auf 0,90 USD. Ausbezahlt wird die nächste Dividende am 12. Oktober 2021 (Ex-Dividenden-Tag: 14. September 2021). Auf das Jahr hochgerechnet gibt es nun 3,60 USD. Beim derzeitigen Aktienkurs entspricht dies einer Dividendenrendite von 7,4 %.
Krisenresistentes Langfristinvestment
Das Geschäftsmodell von Altria hat sich in den letzten 100 Jahren als sehr robust erwiesen. Es ist – Regulierung hin, Werbeverbote her – weitgehend unabhängig von politischen Einflüssen. Auch konjunkturelle Schwächephasen können die Konsumenten kaum von ihrem gewohnheitsbedingten Konsum abbringen. Wir sind uns bewusst, dass die Branche, in der Altria aktiv ist, nicht allen unseren Leser schmecken wird. Die Tabakindustrie steht seit Jahrzehnten unter Beschuss und die neuerliche Marktöffnung für Cannabis wird kontrovers diskutiert. Ob ein Engagement aus diesen Gründen für Sie in Frage kommt oder nicht, können nur Sie selbst entscheiden.
Aktuell notiert die Aktie bei 48,03 USD (Stand 22.09.2021). Der Kurs ist selbstverständlich immer nur eine Momentaufnahme und steht – solange er nicht überbewertet ist – bei unserer Position gegenüber Altria auch nicht im Fokus. Wir halten Altria wegen seiner starken Dividende und seines krisenresistenten Geschäfts für ein interessantes Langfristinvestment.
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