Dabei sind Investoren oft von Schlagworten wie „clean“ und „nachhaltig“ beeindruckt und einfacher zu einer Unterschrift oder zum Kauf eines Fonds bewegen. Aber selbst für den, der umfangreich recherchiert, ist es nicht leicht herauszufinden, wie eine Fondsgesellschaft beispielsweise bei einem “best-in-class”-Ansatz das „beste“ Einzelinvestment einer Branche ermittelt. Letztlich sind Investoren an die Nachhaltigkeitsdefinition der Anlagegesellschaft gebunden, die selbstverständlich auch ihren eigenen finanziellen Vorstellungen nachgeht.
Was bedeutet Greenwashing?
Der Duden definiert den Begriff Greenwashing als „Versuch (von Firmen, Institutionen), sich durch PR- und Marketing als auch durch Geldspenden für ökologische Projekte sowie deren Initiierung als besonders umweltbewusstes, – freundliches und hohes Interesse an Nachhaltigkeit darzustellen.“ Er bezeichnet also das Vorgehen von Unternehmen, sich selbst, ihre Dienstleistungen oder Produkte rein und somit sauber zu waschen. Wobei hier das Wort „rein“ eben mit „grün“ (der Farbe der Nachhaltigkeit) gleichzusetzen ist.
In der Realität wird deutlich, dass Greenwashing in sehr vielen Varianten daherkommt. Das macht es für Anleger und Konsumenten so schwer, ein solches Gebaren unmittelbar zu erkennen. Es ist nicht alles was grün, und was als solches präsentiert und verkauft wird, tatsächlich nachhaltig. Allerdings sollte an dieser Stelle fairerweise angemerkt werden, dass es bei fast allen Produkten eine 100 %ige Nachhaltigkeit auch (vielleicht noch) nicht geben kann. Sogar wenn eine Jeans aus Baumwolle, die aus einem als „nachhaltig zertifizierten Produktionsbetrieb“ stammt, muss das nicht automatisch heißen, dass die verwendete Baumwolle im Anbauprozess nicht mit Pestiziden oder chemischem Dünger belastet ist.
Nachhaltigkeit als Fake
Im Lauf der Zeit ist deutlich geworden, dass eine ganze Reihe von Vorgehensweisen allein das Ziel haben, dem Konsumenten „grüne“ Dienstleistungen und Produkte zur verkaufen, obwohl es sich hier bei näherem Hinsehen um Schönfärberei und bloße Irreführung handelt. Das „Tierwohl“, das „Schützt unsere Umwelt“ oder das „Fair gehandelt – Gerecht geteilt“ – Siegel habe sich allesamt als Fake erwiesen.
Aber ist so etwas unter gesetzlichen Aspekten überhaupt zulässig? Ist es, denn diese Begriffe sind allesamt nicht geschützt geschweige denn irgendwie an eine Norm gebunden. Und das bedeutet, dass auch diese Bezeichnungen genutzt werden können, auch wenn damit beworbene Waren eine solche Bezeichnung faktisch nicht verdienen. Immerhin unterstützen sie den Verkauf derart „gebrandeter“ Produkte an entsprechend nachhaltig orientierte Kunden.
Nachhaltig ist nicht immer nachhaltig
Vielfach weicht die Definition des Anbieters von der des Anlegers ab. Wenn Menschen von nachhaltigen Anlagen sprechen, meinen sie, dass gegen Kinderarbeit, in erneuerbare Energien oder vegetarische Ernährung investiert wird. Dagegen verwenden Fonds-Emittenten oft Negativlisten, definieren tolerierte Umsatzanteile und schließen beispielsweise Waffen, Alkohol oder Atomkraft aus. Allerdings bleiben dann immer noch relativ viele Unternehmen, die für so manch einen Verbraucher oder Investor nicht nachhaltig erscheinen.
Ein gutes Beispiel hierfür ist der MSCI World SRI Select Reduced Fossil Fuels Index. Dieser beinhaltet Unternehmen aus Industrieländern auf dem gesamten Globus. Dabei werden lediglich Gesellschaften berücksichtigt, die im Vergleich zu der Konkurrenz aus ihrem Sektor über ein hohes Rating in den Bereichen Umweltschutz, soziale Verantwortung und Unternehmensführung (ESG) verfügen und bestimmte Kriterien hinsichtlich des Klimaschutzes erfüllen. Lange Zeit war in den Top-Positionen des MSCI World SRI die Aktie von McDonalds enthalten. Dabei hätten wohl nur die wenigsten Verbraucher die Fast-Food-Kette – vor allem unter dem Aspekt der Müllvermeidung – mit Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht.
Greenwashing entschärfen
Greenwashing lässt sich wahrscheinlich nur eindämmen, wenn eine neutrale Institution die Kontrolle darüber übernähme. Dahingehende Initiativen sind bereits auf dem Weg, aber noch lange nicht am Ziel. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen Investoren und Konsumenten eben sehr genau hinschauen. Die EU-Offenlegungsverordnung verbessert die Situation im Hinblick darauf, dass sie ein kleiner Schritt in die richtige Richtung ist, jedoch noch wenig konkret daherkommt. Im Sommer 2022 sollen die nächsten Schritte erfolgen. Allerdings sind Details zur Umsetzung bislang noch nicht bekannt.
Weitere Schritte zur Transparenz
Die beiden internationalen Orientierungshilfen bei der Auswahl nachhaltiger Investments ESG (ESG steht für Environmental, Social, Governance, also Umweltschutz, soziales Verhalten / faire Arbeitsbedingungen sowie transparente Unternehmensführung) und SRI (SRI steht für Socially Responsible Investment (auch: Sustainable Responsible Investment), also nachhaltiges und verantwortungsvolles Anlegen) dienen Investoren bereits seit längerem in eingeschränkter Form. Darüber hinaus hat die EU vor wenigen Monaten die sogenannte EU-Taxonomie beschlossen. Hier sind Kriterien für klimaverträgliche Investments festgelegt.
Allerdings ist es in jedem Fall empfehlenswert, die Aussagen von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit zu hinterfragen und ganzheitlich zu betrachten. Gleichgültig, ob als Konsument oder Investor.
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Prof. Dr. Max Otte