E-Commerce wächst: Auch Target und Walmart profitieren
+ aus der Praxis: Berechnungsgrundlagen zum Cashflow
Sie wissen es, werte Leser, und ich habe es an dieser Stelle des Öfteren erläutert: Nach dem Corona-Crash haben wir in den letzten Wochen und Monaten einen extrem dynamischen Bullenmarkt beobachten können. Die Stimmung an den Märkten wandelt sich aber in diesen Tagen wieder. Erste Warnleuchten springen an, zum Beispiel der berühmte Buffett-Indikator. Die Marktbewertung aller weltweiten Aktien hat nun die Weltwirtschaftsleistung überholt. In der Vergangenheit war dies kein gutes Zeichen. In den Jahren 2007, 2017 und Anfang 2020 ging es danach kräftig runter.
Nichtsdestotrotz sehen wir aktuell noch einige Peaks. Apple hat endlich die 2 Bio. USD Marktbewertung geknackt. Die Tesla-Aktie peilt die 2.000-USD-Grenze an. Die Marktkapitalisierung des Unternehmens hat sich seit März mehr als verfünffacht.
Und auch Airbnb drängt nun an die Börse. Das Unternehmen aus San Francisco reichte seinen Antrag für eine Aktienplatzierung ein. Wie viele Aktien und zu welchem Preis dabei angeboten werden sollen, wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden.
Der Einzelhandelsgigant Target hat gute Zahlen gemeldet. Der frühzeitige Einstieg in das Online-Geschäft macht sich längst bezahlt und hat insbesondere während Corona Früchte getragen. Der Quartalsumsatz stieg auf 23 Mrd. USD. Die Bruttomarge mit 28 Prozent und die EBIT-Marge mit knapp 5 Prozent sind ordentlich. Die Eigenkapitalrendite beträgt fast 25 Prozent. Und Target wächst noch weiter: Der Umsatz stieg in den letzten 10 Jahren um 1,8 Prozent pro anno, der Gewinn je Aktie um 6,8 Prozent. Die Dividende wird seit 2011 Jahr für Jahr gesteigert. Die Payout Ratio liegt bei gesunden 48 Prozent. Anleger sollten jedoch die Verschuldung im Auge behalten.
Das Target-Management blickt nun mit Spannung auf die politischen Verhandlungen um ein neues CARES-Paket in den USA. Heute werden im Laufe des Tages neue Zahlen zu den Erstanträgen auf US-Arbeitslosenhilfe gemeldet.
Neben Target ist auch Walmart stark im boomenden E-Commerce vertreten. Die Umsätze des gesamten US-Online-Einzelhandels stiegen im zweiten Quartal 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 44 Prozent saisonbereinigt auf 211 Mrd. USD. In absoluten Zahlen war der Sprung im Vergleich zum zweiten Quartal des letzten Jahres der größte, der jemals gemessen wurde.
Walmart berichtete vor wenigen Stunden, dass seine Online-Verkäufe im zweiten Quartal im Vergleich zum gleichen Quartal des Vorjahres um 97 Prozent gestiegen seien. Zwar sank die Anzahl der Transaktionen in den USA um 14 Prozent, doch gleichzeitig wurden die Warenkörbe immer größer. Um 27 Prozent stieg zuletzt das durchschnittliche Volumen eines einzelnen Einkaufs.
Das Weihnachtsgeschäft 2020 rückt zudem näher. Sony und Microsoft werden sich hier einen neuen Schlagabtausch liefern. Beide Konzerne stellen neue Spielekonsolen vor. Profiteur des Wettstreits ist Nvidia. Der Grafikkarten-Experte liefert seinen Ampere-Chip sowohl an Sony wie auch an Microsoft.
Nvidias Zahlen zum zweiten Quartal 2020 sind stark. Im Datacenter-Segment wuchs der Umsatz um 167 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das Gaming-Segment legte beim Umsatz um rund 25 Prozent zu. Andere Bereiche brechen jedoch derzeit weg: Automotive sowie das Visualisierungsgeschäft mit Quadro-Lösungen machten deutlich weniger Umsatz. Unter dem Strich wuchs Nvidias Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent. Steigende Kosten drücken auf die Gewinnmargen. Der Gewinn je Aktie legte nur um 10 Prozent auf 2,18 USD je Aktie zu. Die Erwartungen vieler Analysten wurden dennoch übertroffen. Der operative Cashflow wuchs in den letzten Jahren oft zweistellig. Nach Abzug der Investitionen ergab sich zuletzt ein jährliches Free-Cashflow-Wachstum von 35 Prozent.
Bilanzbuchhalter berechnen den Cashflow nach folgender Formel:
Gewinn + Abschreibungen +/- Rückstellungen = Cashflow
Abschreibungen verteilen die Kosten einer Investition über die Laufzeit ihrer Nutzung. Beispiel: Ein Unternehmen kauft eine Fräsmaschine für 80.000 EUR. Die Maschine wird 8 Jahre lang genutzt und kann daher mit 10.000 pro Jahr abgeschrieben werden. Da die 80.000 EUR im Jahr der Anschaffung ausgegeben wurden, muss man diese Ausgabe vom Gewinn subtrahieren.
Rückstellungen mindern ebenfalls den Gewinn. Sie werden für ungewisse oder spätere Verbindlichkeiten gebildet, beispielsweise Kosten für Pensionen der Mitarbeiter oder für laufende Gerichtsverfahren. Auch dies mindert den Gewinn, obwohl noch kein Cash geflossen ist. Rückstellungen können aber auch wieder aufgelöst werden, wenn ihr Grund entfallen ist, ein juristisches Verfahren zum Beispiel gewonnen wurde.
Bei Abschreibungen und Rückstellungen fließt kein Geld. Obwohl der Gewinn gedrückt wird, befindet sich das Geld noch in den Kassen des Unternehmens und steht zur Finanzierung neuer Investitionen oder auch zur Schuldentilgung bereit. Auch ist es nachvollziehbar, dass Unternehmen mit einem hohen Cashflow leichter und günstiger neue Kredite bekommen. Je höher der Cashflow, desto höher auch die Finanzkraft des Unternehmens.
Dies zunächst als kurze Einführung. Als Investoren müssen wir noch differenzierter an das wichtige Thema Cashflow herangehen. Welche Details hier von Bedeutung sind, verraten ich Ihnen in den kommenden Tagen auf dem Privatinvestor-Blog.
Keine Kosten. Kein Risiko. Keine Abofalle.
Auf gute Investments!
Prof. Dr. Max Otte