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Covid-19: Die ersten 100 Tage nach dem Mini-Crash

+ aus der Praxis: Nutzen Sie das Price-Earnings-to-Growth-Ratio zur Aktienbewertung!

Makroökonomen schauen, nicht nur in der Corona-Zeit, besonders gerne auf die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA. Diese Zahl liegt für die vergangene Woche bei 963.000 und damit leicht besser als erwartet. Zuvor lag die Zahl 21 Wochen lang bei über 1 Million. Der Wall Street war dies schnuppe. Der S&P 500 bewegt sich weiter seitwärts.

Die Bilanz der ersten 100 Tage nach dem Covid-19-Mini-Crash ist sehr positiv. Der S&P 500 konnte um 50 Prozent zulegen – seine beste Performance seit 1933! Der Nasdaq legte sogar um 60 Prozent zu – die stärkste Rallye seit dem Frühjahr 2000. Das liegt natürlich an den großen Tech-Überfliegern. Apple kratzt am 2-Billionen-USD-Market-Cap. In nur 2 Jahren wurde der Börsenwert des Giganten nun verdoppelt.

Doch vergessen wir nicht die Zinsen: Die Realzinsen lagen im Jahr 2000 noch bei 4 Prozent. Aktuell liegen sie 500 Basispunkte darunter, bei -1 Prozent. Mit Blick auf die Aktienbewertungen macht dies einen großen Unterschied aus.

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Finanzwirtschaft hui, Realwirtschaft pfui

An den Finanzmärkten läuft es zurzeit also richtig gut, doch die Risse in der US-Realwirtschaft werden größer. Immer mehr Verbraucher und Haushalte kommen ins Schwimmen.

CARES, das Moratorium für Zwangsräumungen in den USA ist inzwischen ausgelaufen. Experten warnen davor, dass ein beispielloser Ansturm von Zwangsräumungen bevorsteht, der Millionen von Amerikanern mit Obdachlosigkeit bedroht, während sich Covid-19 weiter ausbreitet.

Millionen von US-Amerikanern haben aufgrund der Krise ihre Arbeit verloren, müssen aber weiter ihre Rechnungen begleichen. Eine aktuelle Umfrage des Portals EnergyBot unter 2.000 US-Bürgern stellt fest, dass seit Beginn der Pandemie bereits 24 Prozent der Befragten mindestens eine Zahlung versäumt haben. In dieser Gruppe geben 26 Prozent an, dass sie ihre Mobiltelefon- oder Kabel-TV-Rechnungen nicht bezahlt haben. Weitere 25 Prozent haben es versäumt, für Streaming-Dienste zu bezahlen, und vielleicht noch beunruhigender ist, dass sie einige ihrer Strom- oder Versorgungsrechnungen nicht bezahlen konnten.

38 Prozent haben Abonnements sowie Mitgliedschaften in Fitnessstudios gekündigt. 35 Prozent wiederum senken ihre Kosten, indem sie keine Lebensmittel zum Mitnehmen mehr bestellen.

Insgesamt sagen 52 Prozent, dass sie heutzutage nur noch „das Nötigste“ kaufen. Einige nehmen einen neuen Lebensstil an: 41 Prozent sagen, dass sie eine „minimalistische Lebenseinstellung“ gewählt haben.

Die Nahrungsmittelunsicherheit für US-Haushalte erreichte in den vergangenen Wochen den höchsten gemeldeten Stand seit Beginn der Datenerfassung durch das Census Bureau im Mai. Fast 30 Millionen Amerikaner berichteten, dass sie in den sieben Tagen bis zum 21. Juli nicht genug zu essen gehabt hätten.

Die New Yorker Fed veröffentlichte derweil einen Bericht über die Kreditwürdigkeit von Haushalten. Er fasste zusammen, was einzelne Kreditgeber über ihre eigenen Praktiken berichtet hatten: Wenn Kreditnehmer die Zahlungen für ihre Hypothek, ihren Autokredit, ihre Kreditkartenschulden oder ihren Studentenkredit nicht leisten können, bitten sie um einen Zahlungsaufschub oder eine Stundung, und sie müssen die Zahlungen nicht leisten. Der Kredit gilt nicht als säumig, wenn er nicht schon vorher säumig war. Und selbst wenn er vorher säumig war, können sie einen Zahlungsrückstand „heilen“, indem sie den Kredit zurückstellen und ändern lassen.

Keine Zahlung, kein Problem.

Darlehensnehmer von Studentendarlehen wurden im Rahmen des CARES-Gesetzes automatisch in Unterlassungshaftung versetzt, und obwohl viele Studenten ihre Zahlungen eingestellt hatten, sanken die Säumigkeitsraten. Laut Daten der New Yorker Fed fiel die Säumigkeitsrate der Kreditnehmer von Studentendarlehen, obwohl viele ihre Zahlungen eingestellt hatten, von 10,75 Prozent im ersten Quartal auf 6,97 im zweiten Quartal 2020 – den niedrigsten Stand seit 2007.

Die Stundung von Studentendarlehen ist bis zum 30. September möglich, und bis dahin wird auf die Zinsen verzichtet, statt sie dem Darlehen hinzuzurechnen.

Weil Zahlungsrückstände bei Studienkrediten, Autokrediten, Kreditkartenschulden und Hypotheken „geheilt“ werden, indem die Kredite in Stundungsprogramme überführt und die säumigen Kredite modifiziert werden, werden sie zu „laufenden“ Krediten, auch wenn keine Nachholzahlungen geleistet wurden.

Verrückte Welt. Ally Financial berichtete für das zweite Quartal, dass etwa 21 Prozent seiner Autokreditkunden an seinem Stundungsprogramm teilnahmen, bei dem sie 120 Tage lang keine Zahlungen leisten müssen. „Die überwiegende Mehrheit unserer Darlehensstundungen für Kunden im Programm sollen bis Ende August 2020 auslaufen“, hieß es in dem Bericht. Und was passiert danach?

Ist der Kreditdienstleister Ally Financial für Aktionäre ein Chance? In den letzten 10 Jahren wuchs der Umsatz um 1,87 Prozent pro anno. Der Free Cashflow schwankte jedoch stark. Eine Dividende wird seit 2016 gezahlt und Jahr für Jahr angehoben. Der Cash-Bestand wächst ebenso stetig. Dennoch ist der Verschuldungsgrad hoch. Das Kreditgeschäft verspricht zwar auf den ersten Blick verlässlichen Cashflow, doch die konjunkturellen Aussichten geben Anlass zur Sorge. Kreditgeber selbst könnten Probleme bekommen.

Auch deutsche Versorger fürchten Zahlungsausfälle der Kundschaft

Wegen der geringen Nachfrage musste beispielsweise Eon bereits beschafften Strom im zweiten Quartal 2020 wieder verkaufen. Zudem legte der Konzern Geld für mögliche Zahlungsausfälle von Kunden beiseite. Inklusive dieser Effekte rechnet das Unternehmen für das Gesamtjahr mit Corona-bedingten Belastungen von 300 Mio. EUR. Der Verschuldungsgrad ist heute bereits mit 4,7 sehr hoch, das Current Ratio zu niedrig. Der Cash-Bestand von Eon schmilzt seit 2016 rapide. Einzig die Dividende hält die Anteilseigner derzeit noch bei Laune. Sie soll trotz Krise um jährlich 5 Prozent angehoben werden. Trotz schwacher Bilanz sicherlich ein verlässlicher Titel für die Rente, jedoch ohne jede Wachstumsfantasie. Für Geschäftsjahr 2019 liegt das KGV bei 14. Die Aktie scheint also fair bewertet zu sein.

Das Price-Earnings-to-Growth-Ratio (PEG)

Obacht: Das KGV ist in vielen Fällen wenig  verlässlich. Bei Unternehmen mit starkem Gewinnwachstum fällt es oft relativ hoch aus. Und dabei ist genau dieses Gewinnwachstum ein sehr wichtiges Bewertungskriterium.

An diesem Punkt hilft Ihnen das Price-Earnings-to-Growth-Ratio (PEG) weiter. Zur Berechnung dieser Kennzahl teilen Sie das KGV durch das erwartete Gewinnwachstum in Prozent. Sind KGV und Gewinnwachstum identisch, liegt das PEG folglich bei 1. Sehr günstige Aktien weisen ein PEG von unter 1 auf. Bei ihnen liegt das Gewinnwachstum also über dem KGV.

Ein Beispiel: Das Gewinnwachstum von Amazon lag im Geschäftsjahr 2019 bei 13,44 Prozent. Im gleichen Jahr lag das KGV bei 78,76. Wir rechnen also:

78,76 / 13,44 = 5,86

Das PEG von Amazon lag 2019 bei 5,86. Die Aktie wurde an der Börse also höher bewertet, als es das reale Gewinnwachstum des Konzerns empfiehlt. Gemessen am PEG war Amazon 2019 kein günstiges Investment.

Doch Vorsicht: Eine mögliche Schwachstelle dieser Kennzahl liegt im Betrachtungszeitraum. Vor allem zu Zeiten unberechenbarer Konjunkturentwicklungen und systematischen Krisen können wir Anleger uns kaum auf Wachstumsprognosen verlassen. Doch achten Sie bei der Aktienauswahl auf Management, Geschäftsmodell und Bilanz, werden auch Sie regelmäßig Unternehmen finden, die relativ berechenbare Zahlen abliefern. Das PEG ist in solchen Fällen eine sinnvolle Ergänzung zum traditionellen KGV. Es hilft uns, die Bewertungen am Markt differenzierter zu betrachten. Eine Aktie mit KGV 30 muss nicht zwangsläufig zu teuer sein. Wenn die Gewinne des Unternehmens stark wachsen, kann auch ein solch hohes KGV noch im Rahmen einer gesunden Investmententscheidung liegen. Umgekehrt kann aber auch eine Aktie mit KGV 10 bereits zu teuer sein, wenn die Gewinn stagnieren. Wie für jede Kennzahl gilt auch für das PEG: Niemals sollte es der einzige Maßstab für ein Investment sein.

Werfen also noch einen zweiten Blick auf Amazon. Die Aktie ist nicht besonders günstig anhand des PEG. Doch der große Corona-Gewinner hat für das zweite Quartal 28 Prozent Umsatzwachstum gemeldet. Im Gesamtjahr hat man bislang 321 Mrd. USD eingenommen. Der Cloud-Dienst AWS hat dabei für 40 Mrd. USD gesorgt. Sicherlich nutzt auch die eine oder andere App auf Ihrem Smartphone die Amazon Web Services. Bei der Nettomarge sollten wir angesichts der aktuellen Zahlen eher mit einer 6 als einer 5 vor dem Komma rechnen, wodurch auch der Gewinn in den kommenden 12 Monaten auf rund 25 Mrd. USD steigen sollte. Angesichts der derzeitigen Verteilung der digitalen Welt zwischen China und den USA kann mit Fug und Recht auch über die Aufnahme des Amazon-Papiers in das eigene Depot nachgedacht werden, wenn Sie nicht schon investiert sind. Bei einer solcher zukunftsweisenden Story spielt dann auch das PEG eine untergeordnete Rolle.

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Prof. Dr. Max Otte

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