Schmierstoffe für die Industrie – eine weltweite Erfolgsstory

Wen begeistern nicht die Geschichten von Unternehmen, die als kleiner Familienbetrieb beginnen und dann nach und nach die ganze Welt erobern? Die sogenannten „Hidden Champions“ (übersetzt: verborgene Gewinner) sind der breiten Öffentlichkeit oftmals kein Begriff, gleichwohl sie innerhalb ihrer Branche als Weltmarktführer den Ton angeben. Nicht selten blicken diese Unternehmen auf eine lange Historie und damit einhergehende Entwicklungen und Veränderungen zurück, sowohl in Markt und Wettbewerb als auch im Unternehmen selbst. Wer es schafft, aus einem kleinen Familienbetrieb zum Weltmarktführer zu wachsen und sich in dieser Position langfristig zu behaupten, hat strategische Weitsicht und flexible Anpassungsfähigkeiten mehr als einmal bewiesen.

Ein Paradebeispiel für solch einen Hidden Champion ist das 1931 in Mannheim gegründete Unternehmen Fuchs Petrolub. Als Familienunternehmen gestartet steht Fuchs Petrolub seit Jahren an der Weltspitze, wenn es um Industrieschmierstoffe geht. Der Produktpalette gehören über 10.000 Einzelprodukte an, darunter insbesondere Schmierstoffe für die verarbeitende Industrie, die Automobilindustrie, den Bereich Metallverarbeitung aber auch zahlreiche Spezialanwendungen. Schmierstoffe werden praktisch überall gebraucht. Fuchs Petrolub begleitet uns damit im Alltag, auch wenn wir es als Endverbraucher gar nicht unbedingt merken. Die Schmierstoffe sind im Kühlregal, in der Markise für den Sonnenschutz, im Staubsauger, in der Waschmaschine und in vielen anderen Anwendungsbereichen des täglichen Lebens.

Fuchs Petrolub hat Kunden aus den verschiedensten industriellen Bereichen: Automobilzulieferung, Maschinenbau, Metallverarbei­tung, Bergbau, Luft- und Raumfahrt, Energie-, Konstruktions- und Transportsektor, Land- und Forstwirtschaft, Stahl-, Metall-, Zement-, Guss- und Schmiedeindustrie sowie Lebensmittel- und Glashersteller. Anfänglich stark lokal orientiert erfolgte bereits in den frühen 1950er Jahren die Aus­weitung ins Ausland. Heute beschäftigt der Konzern fast 6.000 Mitarbeiter und besitzt 58 operative Gesellschaften in 50 Ländern.

Direktvertrieb und „Custom-Lösungen“

Neben Standardprodukten stellt Fuchs Petrolub auch Speziallösungen her, um damit bestimmte Marktnischen zu bedienen. Häufig passt Fuchs Petrolub die Schmierstoffe beim Kunden vor Ort an dessen Produktionsprozesse an. Bei Bedarf werden sogar in Zusammenarbeit mit dem Kunden neue Schmierstoffe gleichzeitig mit neuen Maschinen und Aggregaten entwickelt. Dies ermöglicht, dass die Schmierstoffe höchste Qualitätsanforderungen hinsichtlich Leistung, Nachhaltigkeit, Effizienz und Kostenersparnis erfüllen. Fuchs Petrolub ist sich dieses entscheidenden Wettbewerbsvorteils bewusst und investiert fortlaufend in den Bereich Forschung und Entwicklung. 10 % der Belegschaft sind im Bereich F&E tätig.

Knapp drei Viertel der Umsätze erzielt der Konzern im Direktvertrieb. Die Kundenbindung ist stark und Fuchs Petrolub kann auf jeden Kunden sehr individuell eingehen. Das unterscheidet Fuchs Petrolub klar von großen Mineralölfirmen wie Shell und BP, deren Geschäftsmodell insbesondere auf breite Vertriebskanäle setzt. Weitere unabhängige Hersteller sind Valvoline und Gulf Oil Intl. Diese sind aber wesentlich kleiner als Fuchs Petrolub und werden von dem Mannheimer Konzern in Sachen globale Präsenz und Know-how klar übertrumpft.

Stabile Gesamtnachfrage durch breites Einsatzgebiet

Wie bei allen Industriezulieferern ist das Geschäft bis zu einem gewissem Maß von Konjunkturphasen abhängig. Abgeschwächt wird dies aber durch die enorm breit gefächerten Einsatzmöglichkeiten der Produkte. Die Diversifikation in Regionen und Branchen mindert die Auswirkungen von Konjunktur und Branchenzyklen. Fuchs Petrolub hat deshalb auch in den letzten 27 Jahren keinen Verlust oder negativen Cashflow ausweisen müssen.

Den wirtschaftlichen Auswirkungen einer länger anhaltenden Krise wie der weltweiten Corona-Pandemie kann sich jedoch auch ein Unternehmen wie Fuchs Petrolub nicht entziehen. Nahezu sämtliche Industriezweige sind davon betroffen. Dazu gibt es Branchen, die für einen markanten Umsatzanteil stehen. So werden mit Kunden aus der Automobilbrache fast ein Drittel der Umsätze des Schmierstoffherstellers generiert. Genau diese Branche schwächelt seit einiger Zeit – nicht erst durch Corona – gewaltig.

Neue Technologien bedeuten neue Ansprüche an Schmierstoffe

Was wird aus Fuchs Petrolub, falls der Verbrennungsmotor in ein paar Jahren tatsächlich vollständig durch den Elektroantrieb ersetzt werden sollte? Brechen dann 30 % der Umsätze weg? Sieht man sich die Kursentwicklung von Fuchs Petrolub in den letzten Monaten an, scheinen viele Anleger genau das zu befürchten. Angst war aber noch nie ein guter Ratgeber. Auch wenn der Umsatz für Fuchs Petrolub mit dieser Branche insgesamt zurückgehen sollte, wird der Absatz hier nicht auf null fallen. Denn: E-Motoren benötigen zwar kein klassisches Motorenöl mehr, aber auf Schmierstoffe können diese weiterhin nicht verzichten.

Und es gibt zusätzlich neue Anforderungen an die Produkte von Fuchs Petrolub: Die Schmierstoffe für den elektrischen Antrieb müssen mit erhöhten Drehmomenten und Drehzahlen umgehen können. (Im Vergleich zum Verbrennungsmotor sind die Drehzahlen um den Faktor 10 bis 15 höher.) Dies bedeutet, dass neue Schmierstoffe gebraucht und perspektivisch immer stärker nachgefragt werden. Zusätzlich gewinnt die Leitfähigkeit an Bedeutung, denn die Lebensdauer der Antriebsbestandteile wird durch die elektrischen Phänomene negativ beeinflusst. Der Schmierstoff soll helfen, diesen Effekt durch eine kontrollierte Leitfähigkeit zu entschärfen. Diese Besonderheiten bieten für einen Spezialitätenanbieter wie Fuchs Petrolub neue Chancen.

2021 – das Geschäft zieht wieder an

Der Mannheimer Konzern steigerte sowohl Umsatz als auch Gewinn im ersten Quartal 2021 stärker als zuvor erwartet. So kletterte der Umsatz um 13 % auf 697 Mio. EUR. Das EBIT stieg um 40 % auf 101 Mio. EUR und der Nettoerlös wuchs um 39 % auf 71 Mio. EUR. Wachstumstreiber war auch für den Schmierstoffexperten vor allem China. Im Vorjahresquartal hatte die Corona-Pandemie das Geschäft in China massiv belastet. Die Jahresprognose wird deshalb nun leicht nach oben angepasst. Gleichzeitig warnt das Management wegen der Knappheit und deutlichen Verteuerung von Rohstoffen und Verpackungsmaterialien vor höheren Kosten. Der Jahresumsatz wird nun bei 2,7 bis 2,8 Mrd. EUR erwartet (2020 waren es 2,378 Mrd. EUR). Bisher ging Fuchs Petrolub von Erlösen in Höhe von ca. 2,6 Mrd. EUR aus.

Auch auf Dividendenseite schlägt sich die positive Entwicklung nieder. Es ist das 19. Jahr in ununterbrochener Folge, dass der Schmierstoffexperte seine Dividende anhebt. Für die Inhaber der Vorzugsaktien ist eine Ausschüttung in Höhe von 0,99 EUR (Vorjahr: 0,97 EUR) geplant. Je Stammaktie soll es 0,98 EUR (Vorjahr: 0,96 EUR) geben. Da die Stammaktie weiterhin zu einem deutlichen Abschlag gegenüber der Vorzugsaktie notiert, bietet die Stammaktie trotz des um 1 Cent niedrigeren Auszahlungsbetrags die höhere Dividendenrendite, nämlich 2,8 %. Bei der Vorzugsaktie liegt die aktuelle Dividendenrendite bei 2,4 %. Die Stammaktie (da zu einem großen Teil in Familienbesitz) ist an der Börse deutlich weniger liquide als die Vorzugsaktie, weshalb man bei Käufen mit Vorsicht agieren sollte. Das Setzen eines Limits ist hier empfehlenswert.

Trotz Krise auf Expansionskurs

Fuchs Petrolub ist und bleibt weltweit auf Platz 1, wenn es um Schmierstoffe geht. Der Burggraben ist nicht nur dank zahlreicher Patente und der starken Marktposition tief. Fuchs Petrolub zeichnet auch ein exzellentes Management aus, das noch dazu bis heute von der Gründerfamilie gestellt wird. Diese hält nach wie vor die Stimmenmehrheit mit über 50 % der Stammaktien.

Durch die anziehende Mittelschicht in den Entwicklungsländern stehen die Zeichen gut, dass die Nachfrage nach Industrieschmierstoffen weiterhin steigen wird. Vor allem Großabnehmer aus den Bereichen Handel, Transport, Industrie sowie verarbeitendes Gewerbe werden perspektivisch einen wachsenden Bedarf an spezialisierten Schmierstoffen haben – genau hier liegt die bekannte Stärke von Fuchs Petrolub. Dazu hat das Unternehmen in der Vergangenheit stets Krisen als Chance genutzt, um durch intelligente Zukäufe und Übernahmen seine führende Position zu stabilisieren und strategisch auszubauen.

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1 Antwort
  1. J.D.
    J.D. sagte:

    Interessant, dass E-Motoren kein klassisches Motorenöl mehr benötigen, aber trotzdem noch auf Schmierstoffe angewiesen sind. Ich benötige für industrielle Zwecke einen qualitativen Kühlschmierstoff. Hoffentlich finde ich dafür diese Woche auch den idealen Anbieter.

    Antworten

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