PayPal – der Unterschied zwischen Preis und Wert
Sehr geehrte Privatanleger,
was ist nur mit PayPal (WKN: A14R7U) los? Hierzu haben uns in den letzten Wochen mehrfach Leserfragen erreicht. Wir verstehen das. Sollten Sie vor längerem in den digitalen Zahlungsdienstleister eingestiegen sein, verlangt Ihnen dieses Engagement seitdem einiges an Geduld und starken Nerven ab. Auf Jahressicht steht die Aktie im Moment 22 % im Minus, über drei Jahre gab PayPal 80 % seines vorherigen Marktpreises ab.
Ich schreibe bewusst von „Marktpreis“ und nicht von „Wert“. Die Leser von Der Privatinvestor wissen selbstverständlich, dass Preis und Wert nicht dasselbe sind. Preis ist das was „Mr. Market“ gerade für eine bestimmte Aktie aufruft. Wert ist das, was Sie bekommen, was Ihre Beteiligung tatsächlich (intrinsisch) wert ist.
Preis und Wert können nahe beieinander sein, sie können aber auch weit auseinanderklaffen. Benjamin Graham, der Urvater des Value Investing, prägte das Bild, die Allegorie des „manisch-depressiven Mr. Market“. Mal ist „Mr. Market“ voller Euphorie und ruft für eine Aktie Preise auf, die weit über dem intrinsischen Wert liegen. Wir befinden uns in einer deutlichen Überbewertung. Die umgekehrte Phase gibt es genauso. „Mr. Market“ ist voller Panik, er möchte am liebsten nur noch davonlaufen und wirft seine Aktien zu (Schleuder-)Preisen auf den Markt als gäbe es kein Morgen mehr. Eine solche Phase kann bei einem Titel schnell vorbei sein, sie kann aber auch länger anhalten – wie bei PayPal.
In einem solchen Fall ist es wichtig, das Geschäftsmodell und die eigene Investmentthese, die einst zum Kauf geführt hat, immer wieder zu überprüfen. Bei PayPal haben wir dies getan. Einst der Pionier im Bereich Digitale Zahlungsdienste, ist die Marktposition bis heute stark. Die Bezahlmöglichkeit via PayPal (oder anderer Dienste des Unternehmens) sind weit verbreitet. Ich selbst habe kein PayPal-Konto und immer wieder stoße ich deshalb auf Hindernisse – beim Einkaufen im Netz, aber auch, wenn wir im Freundeskreis eine Reise organisieren. Während die anderen fix ihren Anteil via PayPal weiterleiten, muss ich jedes Mal fragen, ob ich auch klassisch überweisen kann.
In San Francisco letztes Jahr habe ich gesehen, dass man selbst den Hotdog an der Straßenecke mit Venmo bezahlen kann. Dies ist ein weiterer Dienst, der zu PayPal gehört. Venmo ist bislang nur in den USA verfügbar. In Europa gibt es andere Anbieter, in der Schweiz zum Beispiel den Dienst Twint. Auf dem US-Markt hat es Venmo aber sogar auf die Verkaufsplattform von Amazon geschafft. Ja, sie lesen richtig, Amazon lässt in den USA neben seinem eigenen Bezahldienst Amazon Pay mittlerweile ein Konkurrenzprodukt zu. Amazon hat sich dazu nicht ohne Grund entschieden. Venmo ist in den USA bei den jüngeren Generationen sehr beliebt, während ihnen Amazon Pay & Co schon viel zu „cringe“ sind. Amazon will kein Risiko eingehen und die Konsumenten von morgen auf seiner Plattform halten …
Hinzu kommt, dass PayPal sein Geschäftsmodell mittlerweile um viele weitere Dienste erweitert hat – Handel mit Kryptos, Bankkonten (mit entsprechenden Kooperationspartnern) usw. Auch an der Rückabwicklung von Online-Bestellungen verdient PayPal in den USA mit. Der Konzern kaufte einen Rücksendedienstleister. Damit verdient PayPal an den Zahlungsströmen in beide Richtungen.
Doch nun zum Zahlenwerk. Die jüngsten Zahlen versetzen der Aktie kurzfristig noch einmal einen Dip. Dieser ist mittlerweile aber schon wieder so gut wie ausgeglichen. Wir vermuten, Auslöser war vor allem eine Kennzahl: Die Anzahl aktiver Kundenkonten (Accounts). Die Zahl ging um 2 % auf jetzt 428 Millionen Kundenkonten zurück. Uns ist klar, „Mr. Market“ will hier viel lieber Wachstum sehen – und gerne zweistellig.
Dies ist bei PayPal derzeit nicht der Fall. Der Umsatz stieg 2023 um 9 % auf 29,8 Mrd. USD. Wiederum zweistellig stieg jedoch das Transaktionsvolumen. Dieses wuchs um 13 % auf jetzt 1,53 Bio. USD. Einen eindeutigeren Beweis, dass die Dienste von PayPal genutzt werden, gibt es nicht. Wachstum ist vorhanden, wenn auch nicht in gigantischem Ausmaß. Ebenso überzeugt uns die Bilanz. Das Unternehmen verfügt über 17,3 Mrd. USD in Cash. Die langfristigen Schulden in Höhe von 11,3 Mrd. USD sind damit mehr als gedeckt. Die Profitabilität hat PayPal ebenfalls wieder gesteigert. Im Jahresbericht 2023 steht ein Gewinn je Aktie von 3,85 USD in den Büchern. Nicht nur die Delle aus dem Vorjahr (Gewinn je Aktie bei 2,10 USD) ist damit ausgeglichen, dies ist ein neues Rekordergebnis.
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Auf gute Investments!
Ihre
Kerstin Franzisi
Chefredakteurin Der Privatinvestor
Diese Kolumne ist ursprünglich in unserer Ausgabe 7/2024 vom 16.02.2024 erschienen.
Titelbild: Nuttapong punna / shutterstock.com
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