Medizintechnik „Made in Germany“

Medizintechnik ist eine Branche mit Zukunft. Medizinischer Fortschritt ebenso wie die demographische Entwicklung sorgen für Rückenwind. Über das größte Medizintechnikunternehmen der Welt – Medtronic – haben wir in unserem Blog bereits berichtet. Heute schauen wir uns einen kleineren Anbieter aus Deutschland an, der es aber in seiner Nische international weit gebracht hat.

Drägerwerk mit Firmensitz in Lübeck ist auf Beatmungstechnik spezialisiert – ein Bereich der seit Corona enorm gefragt ist. In den ersten Monaten nach Ausbruch der Pandemie in Europa und Nordamerika konnte das Unternehmen der Nachfrage kaum Herr werden. Zudem entwickelt Drägerwerk auch Anästhesiearbeitsplätze für OP- Säle und bietet diverse Schutzkleidungsutensilien an, die sowohl in der Medizin aber auch in anderen Bereichen (z.B. Feuerwehr) zum Einsatz kommt.

Zwei starke Sparten

Drägerwerk ist im SDAX gelistet und weist aktuell eine Marktkapitalisierung von mehr als 1,4 Mrd. EUR aus. Das Unternehmen beschäftigt weltweit knapp 16.000 Mitarbeiter. Der Konzern ist in zwei Hauptsparten gegliedert: Medizin- und Sicherheitstechnik. In der Medizintechnik rundet Drägerwerk sein Geschäft rund um Anästhesiearbeitsplätze und Beatmungstechnik mit Gerätschaften für Patienten-Monitoring ab. Außerdem ist Drägerwerk ein weltweit führender Anbieter von Geräten für die medizinische Versorgung von Früh- und Neugeborenen.

Das Fertigungsprogramm der Sicherheitstechnik umfasst stationäre und mobile Gasmesssysteme, Atemschutzausrüstungen, professionelle Tauchtechnik sowie Drogen- und Alkoholmessgeräte. Zudem entwickelt Drägerwerk gemeinsam mit Kunden komplette Trainingskonzepte und Schulungen. Auch noch in unserer Zeit werden Mitarbeiter des Rettungswesens im US-Bergbau auf Grund der Atemschutzgeräte des Unternehmens als „Drägermen“ bezeichnet.

Drägerwerk hat bereits früh auf die Kombination von Medizin- und Sicherheitstechnik gesetzt und sich in beiden Bereichen eine starke Marktposition geschaffen. Medizintechnik ist dabei der bis dato eindeutig größere Bereich (etwa 2 Drittel zu 1 Drittel). Dieses Geschäft ist zudem margenstärker. Die aktuelle EBIT-Marge in der Medizinsparte beträgt hier 14,1 %. Im Segment Sicherheitstechnik liegt die operative Marge bei 6,1 %.

Aktienkurs auf Höhenflug

Seit dem Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 hat die Drägerwerk-Aktie um etwa 60 % zugelegt. Dennoch bleibt das Management auf dem Teppich: Die Unternehmensführung weist sogar ausdrücklich darauf hin, dass sich diese Rekordergebnisse in naher Zukunft nicht wiederholen werden. Dementsprechend rechnet die Konzernspitze gegenüber 2020 in diesem Jahr entsprechend mit einem Umsatz- und Gewinnrückgang.

Ein Rückgang gegenüber 2020 könnte immer noch gegenüber einem „normalen“ Jahr wie 2019 ein kleines Plus bedeuten. Dies bleibt selbstverständlich abzuwarten. Je nachdem, wie stark der Rückgang ausfällt, könnte dies auch den Aktienkurs wieder drücken. Die langfristigen Perspektiven sehen dennoch nicht schlecht aus – schließlich werden Beatmungsgeräte, Anästhesiegeräte und Inkubatoren für Frühgeborene immer benötigt.

Kapitalstruktur soll bereinigt werden

Zurzeit ist Drägerwerk bestrebt, seine Kapitalstruktur zu bereinigen und zu verbessern. Eine Maßnahme: die Kündigung sämtlicher Genussscheine. Kurzfristig wird dies die Kapitalstruktur belasten, da allen Inhabern von Genussscheinen eine Abfindung winkt. Langfristig wird dies die Bilanz von Drägerwerk jedoch stärken. Denn künftig spart sich der Konzern eine hohe Summe im Hinblick auf Dividendenausschüttungen.

Bei den Genussscheinen gab es nämlich die Besonderheit, dass sie zu einer Dividende berechtigten, die dem Zehnfachen der Aktiendividende entspricht. Um diese hohen Abflüsse so schnell wie möglich einzusparen, unterbreitete das Management Anfang März allen Inhabern ein vorzeitiges Rückkaufangebot. Wie Drägerwerk kürzlich erklärte, sei das Rückkaufvolumen in Höhe von 100 Mio. EUR ausgeschöpft worden.

Dies führte zunächst selbstverständlich zu Kapitalabflüssen. Finanzieren kann Drägerwerk die Maßnahme jedoch problemlos über den stark gestiegenen Cashflow. Dieser lag 2020 bei 460 Mio. EUR, der Free Cashflow bei 350 Mio. EUR.

Mitarbeiter werden belohnt

Während in anderen Unternehmen die Produktionsbänder zeitweise stillstanden, hatten die Mitarbeiter von Drägerwerk eine Menge zu tun. Überstunden wurden anberaumt und der Schichtplan ausgeweitet. Dafür hat sich das Management angemessen bedankt. So zahlte die Unternehmensführung der gesamten inländischen Belegschaft einen Bonus, der teilweise in Aktien ausgegeben wurde. Angesichts der Rekordergebnisse hat Drägerwerk dafür insgesamt 23 Mio. EUR aufgewendet. 85 % der Mitarbeiter in Deutschland sind an Drägerwerk beteiligt. Die Gründerfamilie Dräger hält bis heute 71,5 % der Anteile und hat somit die Kontrolle.

Dividende auf Vorjahresniveau

Während die Mitarbeiter für das gute Jahr 2020 belohnt wurden, müssen Aktionäre auf Vergünstigungen dieser Art zunächst verzichten. Bis die Eigenkapitalquote wieder die Zielmarke von 40 % überschritten hat, soll die Dividende unverändert gehalten werden. Auch für das Rekordjahr 2020 gibt es also lediglich 0,13 EUR je Stammaktie und 0,19 EUR je Vorzugsaktie. Etwas großzügiger hätte sich Drägerwerk schon zeigen können. Die Stammaktie bietet zum aktuellen Kurs von 70,60 EUR (Schlusskurs per 27.08.2021) lediglich eine Dividendenrendite von 0,2 %.

STIMIT: Zukauf mit Perspektive

Anfang April dieses Jahres wurde bekannt, dass Drägerwerk die Mehrheit an dem Schweizer Medizintechnik-Startup STIMIT erworben hat. Noch hat STIMIT kein Produkt mit Marktreife. Sollte sich dies jedoch ändern, verschafft sich Drägerwerk dadurch einen spannenden Technologievorsprung im Bereich Beatmungstherapien. STIMIT forscht an einer völlig neuen Beatmungstechnik, die lungenschonender sein soll als bisherige Methoden. Dabei geht es vor allem um eine nicht-invasive Stimulation der Atemmuskulatur und des Zwerchfells.

Die Beatmungsgeräte, die bislang im Einsatz sind, führen schon nach wenigen Beatmungstagen bei Patienten zu einer Schwächung der entsprechenden Muskulatur. Je länger die Betroffenen maschinell beatmet werden, desto länger ist danach die Regenerationszeit, um die Muskulatur wieder aufzubauen. Das neue Verfahren soll bereits während der künstlichen Beatmung die Muskulatur mittels elektromagnetischer Felder stimulieren. Es wird spannend, wie die hierzu nunmehr von Drägerwerk und STIMIT in Angriff genommenen klinischen Studien verlaufen werden.

Drägerwerk hebt Prognose an

Ende Juni hat Drägerwerk bekannt gegeben, dass das Management nach wie vor von einem Umsatzrückgang ausgeht. Dieser solle aber geringer ausfallen als bislang angenommen. Währungsbereinigt soll der Umsatz nunmehr nur noch um 2 bis 6 % zurückgehen. Zuvor ging Drägerwerk von Einbußen zwischen 7 und 11 % aus. Auch bei der EBIT-Marge ist der Spezialist für Medizin- und Sicherheitstechnik optimistischer als zuvor. Diese soll zwischen 8 und 11 % liegen.

Bei den Zahlen für das zweite Quartal 2021 erhöhte sich der Umsatz gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 6,7 % auf 841,3 Mio. EUR. Das EBITDA sank um -14,9 % auf 112,8 Mio. EUR. Wie das Drägerwerk-Managements mitteilt, zeigen sich die Märkte der Medizin- und Sicherheitstechnik im aktuellen Umfeld insgesamt robust, jedoch mit unterschiedlichen wirtschaftlichen Auswirkungen. Insbesondere in der Medizintechnik bleibt infolge der Pandemie die Nachfrage in einigen Produktbereichen auf einem erhöhten Niveau.

Ihre Kerstin Franzisi

Chefredakteurin Der Privatinvestor


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