Die Roboter erobern den Haushalt
Marktführerschaft durch Technologievorsprung
iRobot ist klarer Marktführer und mit Marktanteilen von rund 75 % in den USA, 76 % in Japan und 50 % in Europa im Bereich der Staubsaugerroboter fast schon überdominant. Weltweit betrachtet hatte iRobot Ende 2020 einen Marktanteil von 46 %. Der Zweitplatzierte ist Ecovacs mit gerade einmal 17 % Marktanteil. Dieser Vorsprung kommt nicht von ungefähr. Die Haushaltshelfer von iRobot sind den Konkurrenzprodukten technologisch in vielen Punkten überlegen. Dies trifft sowohl auf die Navigation zu als auch auf die Fähigkeiten, Schmutz zu erkennen und zu beseitigen.
So erstellen die kleinen runden Helfer, seit Modell iRobot Roomba i7+, mittels Lasereinsatz Karten der Wohnfläche (Imprint Smart Mapping). Mit diesen Karten als Gedächtnis kann der Staubroboter die ihm bekannten Räume „abtasten“ und problemlos eigenständig navigieren. Auch drohende Fallhöhen an einer Treppe oder andere Hindernisse stellen kein Problem dar. An Wänden oder Möbeln kehren sie nach einem kurzen, sanften Anstoßen wieder um. Das Reinigungsverhalten kann der Besitzer individuell programmieren. So kann man dem Gerät je nach Modell beibringen, welchen Raum er (wann und in welchen Abständen) konkret reinigen soll. Sein Know-how schützt iRobot über zahlreiche Patente.
Ein weiteres Highlight ist die zugehörige Entleerungsbox (Clean Base), an welcher sich der iRobot selbstständig entleert. Das bedeutet, der Saugroboter muss nicht nach jedem Durchgang von Hand geleert werden. Die mitgelieferte Box sammelt über Wochen hinweg den Abfall. Nach eigener Aussage passen 30 Müllladungen in den Behälter. Der iRobot muss die Clean Base nur selbstständig anfahren. Und das tut der Roboter regelmäßig, denn dies ist gleichzeitig auch die Ladestation. Wirklich clever gelöst. Gleichzeitig schafft sich iRobot so ein klassisches Abomodell. Denn die Mülltüten für die Box müssen natürlich regelmäßig nachgekauft werden.
Auch bei der Bedienungsfreundlichkeit hat iRobot die Nase vorn. Die Saugroboter lassen sich bequem per Smartphone (auch aus der Ferne zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit) oder über die Sprachassistenten Alexa von Amazon und Google Assistant bedienen.
Viel Ärger um Patente auf einem umkämpften Markt
iRobot ist Technologie- und Marktführer. Diese Stellung ist durch zahlreiche Patente (insgesamt über 1.500!) geschützt. Seine Patente verteidigt iRobot auch sehr konsequent. Selbstverständlich ist es gut, dass das Management hier Härte beweist und der Konkurrenz „nichts durchgehen lässt“. Andererseits zeigt die Tatsache, dass es immer wieder zu Patentklagen kommen muss, wie stark der Wettbewerb ist.
Manche Konkurrenten haben keinerlei Skrupel und nehmen Patentklagen durch iRobot immer wieder billigend in Kauf. Zum wiederholten Male eröffnete iRobot vor kurzem ein Verfahren gegen den heimischen Wettbewerber SharkNinja. Auch gegen Konkurrenten aus China muss das Unternehmen regelmäßig vor Gericht ziehen. Selbst wenn iRobot so gut wie immer gewinnt – dies kostet jedes Mal Zeit und Geld.
Starkes Wachstum im zweiten Quartal – vor allem im Premiumbereich
Vor kurzem hat iRobot die Zahlen des zweiten Quartals 2021 veröffentlicht. Trotz erheblicher pandemiebedingter Lieferkettenschwierigkeiten lagen die Umsätze bei 365,6 Mio. USD. Verglichen mit 279,9 Mio. USD Umsatz in Q2/2020 ist dies ein Plus von 31 %. In den USA konnte der Konzern seine Erlöse sogar um 40 % steigern. In Europa ging es 29 % nach oben und in Japan immerhin 7 %.
Trotz dieser vielversprechenden Zahlen bleibt das Management vorsichtig mit der Jahresprognose. Der Grund: pandemiebedingten Lieferengpässe – speziell für Halbleiter-Chips. Dies führt im Moment zu einem „Order-Stau“. Im zweiten Quartal mussten wegen der Lieferschwierigkeiten Aufträge im Volumen von 17 Mio. USD brach liegen bleiben. Das erwartete Umsatzwachstum für 2021 liegt daher bei vergleichsweise zahmen bei 8 bis 13 %.
Hochpreisstrategie funktioniert trotz Wirtschaftsabschwung
Sehr erstaunlich finden wir, dass sich vor allem hochpreisige Geräte (Preisklasse 500 USD und höher) extrem gut verkauften. Diese waren für 82 % des Quartalsumsatzes verantwortlich. Das ist angesichts der aktuellen Wirtschaftslage mehr als beachtenswert. Die Pandemie hat in vielen Bereichen für große Einbußen gesorgt und wir hätten eher vermutet, dass in einer Zeit in der viele Menschen Angst um ihre Existenz haben, die Anschaffung eines Saugroboters nicht unbedingt weit oben auf der Einkaufsliste steht.
Ein Indiz, dass sich auch iRobot nicht mehr ausschließlich auf seine bisherige Hochpreisstrategie verlässt, ist die Tatsache, dass es nun doch ein neues Kombigerät gibt, nämlich einen Roboter, der Saug- und Wischfunktionen in einem anbietet und das für gerade einmal umgerechnet rund 350 EUR. Zwar wird dieser Roboter nicht auf Amazon und Co., sondern nur auf den eigenen Shopseiten angeboten, aber dennoch: iRobot kommt damit gleich von zwei Grundsätzen ab. Erstens der Hochpreisstrategie und zweitens von der bisherigen Aussage, im Gegensatz zur Konkurrenz, kein Kombigerät anbieten zu wollen. Die Begründung war dabei immer, ein solches Kombigerät könne keine der beiden Funktionen so perfekt ausführen wie ein separater Saug- und Wischroboter.
Große Kursschwankungen einer Spekulationsaktie
Aus irgendeinem Grund scheint iRobot Spekulanten stark anzuziehen. Zumindest reagierte „Mr. Market“ bei diesem Titel immer wieder selbst auf kleine Nachrichten sehr emotional – mal in die eine, mal in die andere Richtung. Aktuell notiert die Aktie bei knapp unter 82 USD, nachdem diverse Leerverkaufs-Rallyes den Kurs noch im Januar bis auf über 170 USD getrieben hatten. Was da passierte, ist ein geradezu mustergültiges Beispiel, wie irrational es an der Börse zugehen kann. Im Moment liegt grundsätzlich sehr viel Spannung in der Luft. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu solchen Emotionsausbrüchen kommt, ist daher weiterhin hoch.
Sie wissen: Kurse sind nie vorhersehbar. Manche Aktien haben aber aus irgendwelchen Gründen auch immer einen hektischeren bzw. unruhigeren Verlauf als andere. Dennoch steht iRobot alles in allem solide da. Langfristig sehen wir den Trend für Haushaltsroboter als intakt an. Bei den extrem volatilen Entwicklungen dieses Titels in den letzten Jahren, lohnt es sich allemal, das Unternehmen auf dem Zettel zu behalten – sei es für eine günstige Einstiegs- bzw. Nachkaufgelegenheit oder für eine Gewinnmitnahme.
Innovationskraft ist der stärkste Wettbewerbsvorteil
Irgendwann werden die jetzigen Patente auslaufen. Das wird freilich noch lange dauern. iRobot hat also genug Zeit, sich bis dahin etwas Neues einfallen zu lassen. Der stärkste dauerhafte Schutz ist und bleibt so oder so die Innovationskraft. Diese gilt es zu halten. Sich von anderen Herstellern abheben, dem Verbraucher „mehr“ bieten können – das ist es, auf was es ankommt. Über kurz oder lang wird iRobot seine Produktpalette ausweiten müssen. Denn mit beeindruckenden Innovationen bei Saug- und Wischrobotern wird es irgendwann mau werden. Bis auf die neue Plattform iRobot Genius Home Intelligence gab es in letzter Zeit nichts bahnbrechend Neues.
Potenzial ist durchaus vorhanden. Wenn wir weit genug in die Zukunft denken oder wir uns von dem einen oder anderen Science-Fiction-Film inspirieren lassen, kann in dem Geschäft mit Haushaltsrobotern sogar noch sehr viel denkbar sein. Irgendwann werden diese praktischen Helfer noch viel mehr können. Vielleicht werden es dann auch keine „rollenden Kästen“ mehr sein, sondern alles-könnende Androiden, mit denen wir auch noch Konversation betreiben können (wie beispielsweise C-3PO aus Star Wars).
Gerade pirscht sich iRobot an das Rasenmäher-Segment heran. Ein erstes Modell befindet sich bereits im Anschlag. Die Markteinführung wird jedoch nach erheblichen pandemiebedingten Verzögerungen – ursprünglich war 2019 geplant – erst im laufenden Jahr eingeplant. Zwar ist hier Husqvarna der derzeitige Platzhirsch, aber es bestehen durchaus Chancen, dass auch iRobot sich einen Stück des Kuchens einverleiben kann. Nennenswerte Umsätze aus diesem Segment sind jedoch wohl nicht vor 2023 zu erwarten. Wir verfolgen diese Entwicklung mit Spannung.
Ihre Kerstin Franzisi
Chefredakteurin Der Privatinvestor
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