Neuer Rückschlag für Intel: Vom Disruptor zum Disruptierten
Auf meine Analyse zu Intel kamen in den vergangenen Tagen zahlreiche Rückmeldungen von Abonnenten und Mitgliedern des Privatinvestor-Clubs.Zwei Beispiele:
„Intel ist technologisch zurückgefallen. AMD hat die bessere Strategie gewählt. Nvidia hat das Problem auch erkannt, dass man nicht allein von den teuren Gamer-Grafikkarten leben kann und will nun ARM haben, damit man insbesondere im KI-Markt besser mitmischen kann.“
„Intel ist ein sinkendes Schiff. Immer mehr Intel-treue Käufer erkennen, dass AMD heute die besseren Produkte hat. Das liegt wohl an der neuen Führung von AMD. Die ist vom Fach, was bei größeren Firmen wahrscheinlich eher selten vorkommt. Ich würde eher AMD-Aktien kaufen.“
Diese und einige weitere E-Mails mit erstaunlicher Weitsicht erreichten mich bereits vor einigen Tagen. Damals war ein weiterer Rückschlag noch gar nicht absehbar:
Intel-Kunde Apple will stärker auf eigene Chips setzen
Der hauseigene Chip M1 verbindet einen Hauptprozessor mit acht Kernen und den Grafikchip, basiert auf der Architektur des zum japanischen Softbank-Konzern gehörenden Chipdesigners ARM. iPhones und iPads laufen bereits mit ARM-Architekturen.
Durch die Umstellung will Apple seinen „Jüngern“ in Zukunft noch mehr Apps auf allen Geräten parallel anbieten.
Intel erwirtschaftete bislang rund 3 Mrd. USD pro anno mit Verkäufen an Apple. Das sind lediglich 4 Prozent des gesamten Jahresumsatzes.
Noch ist Microsoft Windows der sehr viel wichtigere Markt. Erst wenn die Mac-Computer ihren Anteil am globalen Markt der Desktop-Rechner deutlich steigerten, könnte Intels Umsatz signifikant sinken. So weit der kurzfristige Blick.
Apples Abschied ist ein Wendepunkt
Unter der ruhigen Hand von CEO Andrew Grove baute Intel in den 1990er Jahren die Chips, die den Personal Computer, der in immer mehr Haushalten und auf immer mehr Schreibtischen stand, zum Leben erweckte. Zusammen mit Microsoft wurde Intel Ende des 20. Jahrhunderts zum Synonym für den Desktop-Computer. Die Marke war extrem wertvoll.
Erst 2005 trat Grove aus dem Verwaltungsrat endgültig in den Ruhestand ab – zufällig das gleiche Jahr, in dem Paul Otellini den Posten des CEO übernahm und den zukunftsträchtigen Deal mit Steve Jobs schmiedete.
In der Tat war das Abkommen extrem wichtig für den Chiphersteller. Apple und Jobs hatten – wie wir heute alle wissen – einen sehr guten Riecher für die Zukunft. Während der Planungen zum iPhone fragte Jobs zuerst Otellini nach einer CPU. Doch der Intel-CEO winkte ab. Die Produktionskosten des Chips wären höher gewesen als der von Apple gebotene Kaufpreis, berichtetet Otellini später in einem Interview.
Doch Intels Kostenprognose erwies sich als falsch. Das Produktionsvolumen des iPhone war 100-mal höher als vom Management vorhergesehen…
Genauso wie sein Partner während der goldenen 90er, Microsoft, war Intel von seinem Erfolg im PC-Paradigma so geblendet, dass es Zukunftschancen nicht mehr klar wahrnahm.
Aufgrund der mit seinem Erfolg verbundenen Margen sah das Management keinerlei Grund, seine Erfolgsformel infrage zu stellen.
Apple, ein aufstrebender Kunde mit großen Visionen klopfte an mit einem Angebot, das nicht ähnlich hohe Margen versprach. Und was sagte Intel?
„Kein Interesse.“
Und nun, anno 2020 wird Apple seine Desktop-Rechner bald mit eigenen Chips antreiben. Intel wird außen vor bleiben. Es ist die erste Änderung in der Architektur der Mac-CPU seit dem Jahr 2005, als Apple zu Intel wechselte.
Was lernen wir daraus?
Selbst wenn eine disruptive Technologie mit minderwertiger Performance startet, kann sie sich aufgrund der dramatischen Ausweitung des Marktes weitaus schneller verbessern und verbreiten als die der etablierten Anbieter. Das war es, was Intel und Microsoft überhaupt erst in die Lage versetzte, den Computer-Markt zu erobern: Auch wenn Personal Computer billiger waren, finanziert und ermöglicht der Verkauf von etwas, das in jedem Haus und auf jedem Schreibtisch steht, am Ende viel mehr Forschungs- und Entwicklungsausgaben als der Verkauf von ein paar sehr teuren Servern, die es nur in Universitäten und Behörden gibt.
Apple hat inzwischen eine grandiose Menge iPhones verkauft, und all diese Verkäufe haben eine Menge Forschung und Entwicklung finanziert.Der Abschied von Apple markiert somit einen wichtigen Wendepunkt in Intels Historie. Anders als vor 30 Jahren ist Intel nicht mehr der Treiber einer disruptiven Technologie. Intel ist heute der Dinosaurier. Und nun ist es womöglich nur noch eine Frage der Zeit, bis die Leistung von ARM-basierten Chips so weit ausgereift ist, dass auch Intels letzte Bastion ins Wanken geraten wird: das Server-Geschäft.
Keine Kosten. Kein Risiko. Keine Abofalle.
Auf gute Investments!
Prof. Dr. Max Otte
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