VF Corporation: Moden wechseln, Börsenphasen auch
Karl Lagerfeld hat einmal gesagt: „Mode ist der kürzeste Reflektor des Zeitgeistes, und der ist ein verdammt launischer Geselle.“ Damit hat Mode viel gemeinsam mit den Vorgängen an den Aktienmärkten, denn auch dort sorgen immer wieder auch plötzliche Stimmungsschwankungen für Aufs und Abs. Insgesamt verhalten wir Anleger uns (leider) an den Kapitalmärkten selten rational. Häufig wird unser Handel von Emotionen getrieben. Benjamin Graham, der Urvater des Value-Investing verwendete deshalb für die Börse gerne die Allegorie des „manisch-depressiven Mr. Market“.
Derzeit ist „Mr. Market“ schon länger in einer depressiven Phase. Der DAX hat seit Jahresbeginn 23,5 % verloren, der S&P 500 20% und der NASDAQ sogar 28 % (Stand 05.07.2022). Der Krieg in der Ukraine, die Spannungen zwischen China und Taiwan, die hohe Inflation und die Angst vor Energieengpässen sorgen für Unsicherheit bei Anlegern. Anleger brauchen deshalb im Moment starke Nerven. Für geduldige Langfristinvestoren können sich dadurch aber auch Chancen ergeben.
Kurskorrektur entgegen der Geschäftsentwicklung
Bei vielen Unternehmen klaffen Geschäftsentwicklung und Kursentwicklung an der Börse derzeit massiv auseinander. So auch bei dem Modeunternehmen VF Corporation. In den zurückliegenden drei Monaten verlor die Aktie fast 22 % und auf Jahressicht sogar 47% (Stand 05.07.2022). Das Unternehmen notiert zurzeit auf einem Kursniveau wie zuletzt im April 2013. Umsatz und Gewinn sind seitdem aber stetig weitergestiegen und stehen heute ganz wo anders als vor neun Jahren.
Entgegen der jüngsten Kursentwicklung laufen die Geschäfte nach wie vor gut. Das Bekleidungsunternehmen konnte auch im Geschäftsjahr 2021/22 (beendet am 2. April 2022) zufriedenstellende Zahlen präsentieren. Der Umsatz stieg um 28,2 %. Um Akquisitionseffekte bereinigt, bleibt ein Wachstum von 23 %. Die operative Marge hat sich von zuvor 13,1 auf 13,8 % verbessert.
Und selbst im 4. Quartal des Geschäftsjahres 2021/22, das im März 2022 zu Ende ging, legte der Umatz noch um 9 % zu. Das, obwohl sich das allgemeine Wirtschaftswachstum aufgrund der gestiegenen Inflation und der erneut verschärften Corona-Maßnahmen in China (weitere Behinderung von Lieferketten) verlangsamt hat. Für das laufende Geschäftsjahr 2022/23 erwartet das VF einen Umsatzanstieg von mindestens 7 %.
Langfristig gute Entwicklung
Ein einzelnes Jahr allein ist wenig aussagekräftig. Als Value-Investoren interessiert uns bei Der Privatinvestor die langfristige Entwicklung eines Unternehmens. Diese kann sich bei VF sehen lassen. War der Umsatz in einem Jahr einmal schwächer, wurde dies in der Vergangenheit meistens schon im Folgejahr wieder ausgeglichen.
Nichts ist beständiger als der Wandel
VF hat eine spannende Historie. Das Unternehmen erfand sich schon mehrmals neu. Ende des 19. Jahrhunderts unter dem Namen Vanity Fair Silk gegründet, war das Unternehmen zunächst 70 Jahre lang auf Seidenunterwäsche spezialisiert. Mit dem Erwerb von Lee Jeans begann 1969 die Denim-Ära des Unternehmens. Durch die Übernahmen von Marken wie Wrangler und Red Kap, wurden die Aktivitäten in der Jeans-Branche ausgeweitet.
Im Jahr 2000 begann ein erneuter Umbau. Mit Marken wie The North Face, Timberland und Icebreaker ist vor allem Outdoor-Bekleidung heute ein wichtiger Bereich. Mit Vans verfügt VF über eine international sehr gefragte Sport- und Freizeitschuhmarke und mit Dickies ist das Unternehmen im Segment Berufskleidung aufgestellt. In den früheren Geschäftsfeldern (Jeans und Unterwäsche) ist VF heute nicht mehr tätig. Die Unterwäsche-Marke Vanity Fair wurde bereits 2007 verkauft. 2019 erfolgte der Spin-Off des Denim-Geschäfts in ein neues börsennotiertes Unternehmen (Kontoor Brands).
Die heutigen Marken von VF Corporation:
Quelle: VF Corp.
Starke Marken als Wachstumstreiber
Entscheidend für das Wachstum im vergangenen Jahr: der Erfolg der Outdoor-Marke The North Face. Im Geschäftsjahr 2021/22 stieg der Umsatz mit diesem Label um 33 %. The North Face ist für 28 % des Konzernumsatzes verantwortlich, dementsprechend macht sich dieses Wachstum bemerkbar.
Die umsatzstärkste Marke bei VF wiederum – Vans mit einem Umsatzanteil von 35 % – steigerte die Erlöse im gleichen Zeitraum um 20 %. Der Umsatz mit Timberland konnte ebenfalls um 20 % zulegen.
Last but not least ist bei VF ist auch die Entwicklung des Direktvertriebs bemerkenswert. Inzwischen macht der Verkauf über vom Unternehmen selbst betriebene Stores und eigene E-Commerce-Kanäle bereits 46 % des Konzernumsatzes aus. Auf diese Weise hat das Unternehmen seine Abhängigkeit vom Handel (vor allem vom Großhandel) in den zurückliegenden Jahren weiter deutlich reduzieren können. Dadurch generiert VF Potenzial zur Steigerung seiner Margen.
Jährliche Dividendensteigerungen
Bei VF sind jährliche Dividendensteigerungen beinahe üblich. Im Geschäftsjahr 2020 wurde die Dividende zwar erstmalig leicht gesenkt. Das Management hatte sich dazu entschieden allerdings aufgrund einer reinen Vorsichtsmaßnahme wegen den Auswirkungen der Pandemie. Dies unterstreicht auch den durchaus konservativen Führungsstil. Seither wurde die Ausschüttung jedoch wieder Jahr für Jahr angehoben.
Typisch für US-Unternehmen: VF zahlt die Dividende jeweils vierteljährlich. Die letzte Auszahlung erfolgte am 21. Juni. Ex-Dividenden-Tag hierfür war der 9. Juni. Die nächste Ausschüttung wird bereits im September fällig. Derzeit zahlt das Unternehmen je Quartal 0,50 USD, was auf das Gesamtjahr 2,00 USD je Aktie ergibt. Bei dem jetzigen Kursniveau entspricht dies einer Dividendenrendite von über 4,5 %. Dies kann das Warten auf eine Kurserholung versüßen und ist zudem keine schlechte Gegenmaßnahme gegen die aktuelle Inflation.
Auf gute Investments,
Kerstin Franzisi
Chefredakteurin Der Privatinvestor
Dein Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns Deinen Kommentar!