Unsichere Zeiten für Meta

Man hatte sich bei Facebook (heute Meta) über die Jahre irgendwie schon daran gewöhnt: eine Erfolgsmeldung jagt die nächste, die Superlativen geben sich die Klinke in die Hand. Ist diese Zeit nun vorbei? Zumindest hat es einen Kursabsturz, wie er Anfang Februar passierte, in der knapp zehnjährigen Börsengeschichte des Unternehmens noch nie zuvor gegeben. Die Aktie von Meta stürzte innerhalb eines Tages um 30 % ab!

Am 02.02.2022 schloss die Aktie an der Börse Nasdaq noch mit 323,00 USD. Am nächsten Tag eröffnete sie mit 244,64 USD. Binnen weniger Stunden waren damit bereits 185 Mrd. USD Marktkapitalisierung vernichtet. Im Laufe des Tages und auch in den Folgetagen ging es weiter abwärts. Gedrückt durch den börsenweiten Effekt des Beginns der russischen Kriegsoffensive in der Ukraine erreichte die Meta-Aktie am 24. Februar mit 191,06 USD einen neuen Tiefstand wie es ihn seit knapp zwei Jahren nicht mehr gegeben hat.

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Was ist geschehen?

Auslöser für den beispiellosen Kursverlust in der Unternehmensgeschichte waren die kurz zuvor veröffentlichten Zahlen zum vierten Quartal sowie zum Gesamtjahr 2021. Die Umsatzentwicklung sieht dabei gar nicht mal so schlecht aus: Die Erlöse stiegen im Schlussquartal um 20 %, im Gesamtjahr ging es 37 % nach oben.

Doch eine Nachricht deutet auf ernste Risse im Geschäftsmodell hin und erschütterte deshalb den Aktienkurs: Facebook verliert Nutzer. Die Zahl der täglich aktiven Nutzer ging im Schlussquartal 2021 um rund 1 Million zurück. Es ist das erste Mal seit dem Börsengang, dass es bei Facebook rückwärtsgeht. Im Vorquartal war die Zahl der täglichen Nutzer noch um etwa 25 Mio. gewachsen.

Bei den Nutzern, die ihr Profil mindestens einmal im Monat aufrufen, ist noch Wachstum zu verzeichnen – allerdings auch dort nur noch mit angezogener Handbremse. Diese Entwicklung hat „Mr. Market“ ganz offensichtlich mehr als nur verunsichert. Viele Investoren befürchten, dass dies der Beginn einer Abwärtsspirale sein könnte.

Statt Wachstum droht Stagnation

In jedem Fall steht Meta derzeit vor großen Herausforderungen. Nicht nur der Rückgang bei den täglichen Facebook-Nutzern bereitet dem Konzern Kopfzerbrechen. Meta sieht sich insgesamt bei seinen drei großen Plattformen Facebook, Instagram und WhatsApp zum ersten Mal in seiner 18-jährigen Unternehmensgeschichte mit stagnierenden Nutzerzahlen konfrontiert.

Allen voran dürfte das soziale Netzwerk Facebook in Kanada, USA, aber auch in vielen Ländern Europas eine Sättigungsgrenze erreicht haben. Hinzu kommt, dass viele Analysten davon sprechen, das Netzwerk verliere vor allem unter jungen Leuten zunehmend an Relevanz. Dies würde die Wachstumsproblematik sozusagen strukturell betonieren.

Die Konkurrenz schläft nicht

Für die „Generation von morgen“ ist Facebook längst „von gestern“. Das ist für das Unternehmen ein ernstes Problem. Andere Netzwerke verzeichnen starke Zuläufe. Facebook sieht vor allem die Video-Plattform TikTok des chinesischen Konzerns Bytedance – übrigens die einzige global erfolgreiche Social-Media-App, die nicht aus den USA kommt – als zentralen Konkurrenten.

TikTok wurde durch Mini-Videos, die man innerhalb kürzester Zeit via Smartphone aufnehmen, bearbeiten und posten kann, sehr erfolgreich. Durch die schnelle Konsumierbarkeit erreichen die Mini-Videos gerade unter jungen Nutzern hohe Reichweiten, ohne dass eine aufwendige Produktion nötig ist. Dadurch sind sie auch für Werbefirmen sehr interessant. Meta reagierte darauf (seit September 2021 zunächst in den USA, mittlerweile in über 150 Ländern) mit einer Ausweitung der Video-Funktion bei Facebook auf sogenannte „Reels“. Reels sind Videos mit einer Länge von 15 bis maximal 60 Sekunden, vergleichbar mit den Mini-Videos auf TikTok.

Ob diese funktionale Annäherung an den Konkurrenten die grundlegende Akzeptanzerosion der jungen Generationen aufzuhalten vermag, darf zumindest angezweifelt werden. Außerdem wird sich der Wettbewerb in Zukunft mit Sicherheit weiter verschärfen. Zuletzt ist beispielsweise die bereits im letzten Herbst angekündigte Social-Media-Plattform „Truth Social“ der Mediengruppe von Ex-US-Präsident Donald Trump im US-amerikanischen Apple App Store gestartet. Unabhängig davon, was daraus entstehen mag, für Meta wird die Jagd nach neuen Nutzern immer schwieriger.

Wachsende Restriktionen belasten das Geschäftsmodell

Einen direkten Negativ-Einfluss auf die Werbeeinnahmen, die zentrale Umsatzquelle bei Facebook, verortet Meta bei Apple: Der iPhone-Hersteller ermöglicht seit April letzten Jahres proaktiv, das Tracking, also das Verfolgen der Nutzungsgewohnheiten, auf seinen Smartphones zu deaktivieren. Viele Nutzer machen seitdem davon Gebrauch. Facebook kann dadurch deutlich weniger Daten zur zielkundenspezifischen Werbeausspielung erfassen. Der Konzern beziffert den dadurch entstandenen Einnahmeverlust auf bislang rund 10 Mrd. USD.

Weitere Belastungen des Geschäftsmodells von Meta kommen durch strengere Regulierungen von politischer Seite. Die EU bringt derzeit mit dem „Digital Services Act“ ein Gesetz auf den Weg, das künftig das Werbegeschäft von Plattformen wie Facebook stärker beschränken dürfte. Sensible persönliche Informationen wie Religionszugehörigkeit, Gesundheit und sexuelle oder politische Orientierung sollen ohne ausdrückliche Zustimmung seitens der User nicht mehr genutzt werden dürfen, um personalisierte Werbung auszuspielen.

Auch im eigenen Land erfährt Meta Gegenwind durch die Politik. Der US-Kongress arbeitet an schärferen Kartellgesetzen, um stärker gegen Wettbewerbsverzerrung durch Monopolbildung vorgehen zu können. Auch die Rückabwicklung der letzten Übernahme des bekannten Gif-Dienstes Giphy steht derzeit in Verhandlungen. Meta dürfte es jedenfalls in den kommenden Jahren wesentlich schwerer haben, durch Akquisitionen zu wachsen.

Defizitäres Metaversum, unsichere Zukunft für Anleger

Wachsende Konkurrenz auf der einen, immer mehr Restriktionen auf der anderen Seite – das alles steht natürlich nicht erst seit dem massiven Kursverlust Anfang Februar bei Meta auf dem Zettel. Im Gegenteil: Der Umfirmierung von Facebook zu Meta lag eine strategische Neuausrichtung des perspektivischen Geschäftsmodells zu Grunde. Das „Metaversum“, eine neue virtuelle Welt und laut Meta-CEO Marc Zuckerberg die nächste Generation des Internets, soll die Wende bringen. Allein 10 Mrd. USD hat der Konzern im vergangenen dafür ausgegeben, nochmal 20 Mrd. sollen es in diesem Jahr werden.

Ob und wann diese Vision rentable Wirklichkeit werden wird, steht in den Sternen, denn die geplanten neuen, virtuellen Welten des Metaversums benötigen außerordentlich hohe Internet-Bandbreiten, um beispielsweise ein flüssiges Erlebnis via VR-Brille zu ermöglichen. Der weltweite Ausbau der „Netz-Qualität“ liegt jedoch nicht im Leistungsbereich von Meta, sondern bei den dafür zuständigen Telekommunikationskonzernen.

Aktuell liegt der Kurs der Meta-Aktie mit 203,49 USD (Stand: 01.03.2022) zwar wieder leicht über dem kürzlichen Tiefpunkt, die angeführten Unsicherheiten stehen einem möglichen Einstieg aus unserer Sicht allerdings gewichtig entgegen. Zum Glück gibt es jedoch in diversen Marktbereichen auch weiterhin viele substanzstarke Unternehmen mit stabilen und gut für die Zukunft aufgestellten Geschäftsmodellen. Wir behalten Branchen und Märkte für Sie im Blick, um wertbasierte Investment-Gelegenheiten auf Grundlage systematischer Analysemethoden zu identifizieren.

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Kerstin Franzisi, Chefredakteurin

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