Stable-Coins: alles andere als stabil

Der Kurssturz bei Bitcoin vor rund einem Monat war bitter und nicht die einzige Enttäuschung, die Anleger am Kryptomarkt verkraften mussten. Für diejenigen, die auf die Stable-Coins Terra USD und Luna setzten, ist sogar das schlimmste Szenario eingetreten. Der „Wert“ dieser bislang Krypto-Währungen sank auf null. Sie lesen richtig: null. Davon haben sich diese beiden Kryptos bis heute nicht erholt und es ist fraglich, ob dies jemals passiert. Ihre dahinterstehende Blockchain wurde aufgrund des Kursabsturzes angehalten, der Handel an gängigen Kryptobörsen zweitweise ausgesetzt.

Wie konnte das ausgerechnet bei „Stable-Coins“ passieren?

Stable-Coins sind Kryptowährungen, die anders als Bitcoin an einen bestimmten Referenzwert gekoppelt sind. Dies kann eine reale Währung sein, aber auch ein Rohstoff. Eine solche Koppelung soll den Stable-Coins eigentlich zu einer höheren Preisstabilität verhelfen. Eigentlich. Doch dann kam es bei Terra und Luna zum Totalabsturz. 

Beide gehören demselben Kryptosystem an, das der Koreaner Do Kwon ins Leben rief. Wie der Name „Terra USD“ bereits verrät, wurde als Referenzwert der US-Dollar gewählt. Statt jedoch Dollars in einem Tresor oder digital auf einem Bankkonto vorzuhalten, war ein Algorithmus, der den Terra und den Luna aneinander koppelte, dafür zuständig, den Preis zu stabilisieren. Genau dieser Algorithmus hat nun versagt.

Erklärungsversuche gibt es im Netz mehrere. War es ein Fehler im Algorithmus? Gab es eine gezielte Spekulationsattacke auf das Terra-Luna-Netzwerk? War gar Betrug im Spiel?

Was auch immer den Crash bei Terra und Luna auslöste, es dürfte dadurch klar sein, dass Stable-Coins nicht unbedingt das sind, was sie zu sein vorgeben: stabil. 

Imageschaden und Untersuchungen wegen möglichen Betrugs

Do Kwon ist der Mann, der das Kryptosystem aus Terra und Luna ins Leben rief. Für seine „Schöpfung“ wurde er in der Szene schon als der „Elon Musk Südkoreas“ gefeiert. Dieser Ruf ist nun dahin. Die einstige Bewunderung dürfte bei vielen Anlegern in Wut umgeschlagen haben. 

In Südkorea wollen geschädigte Investoren sogar rechtliche Schritte gegen ihn einleiten. Sie fordern unter anderem die Beschlagnahmung von Do Kwons Immobilieneigentum. Eine Sammelklage wegen möglichen Anlegerbetrugs soll in Vorbereitung sein. 

Auch die Steuerbehörde sitzt dem Terra-Erfinder im Nacken. Sie geht dem Verdacht der Steuerhinterziehung nach. Die Behörden ermitteln sowohl gegen seine Firma Terraform Labs, als auch gegen Do Kwon persönlich. Kurz bevor sein Kryptosystem nämlich kollabierte, soll Do Kwon u.a. versucht haben, ein südkoreanisches Unternehmen zu liquidieren und seinen Wohnsitz ins Ausland zu verlegen. 


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Der Luna ist tot, lang lebe der Luna!

Zu welchen Ergebnissen die Untersuchungen der Steuerbörden am Ende kommen werden, ist noch offen, auch ob eine Sammelklage wegen Anlagebetrugs Erfolg haben wird. 

Do Kwon scheint all dies jedoch wenig zu interessieren. Auch mit Reue oder Taktgefühl gegenüber den Anlegern, die durch den Crash seines Systems ihr Vermögen verloren haben, scheint er sich nicht aufhalten zu wollen. Stattdessen geht Do Kwon mit einem neuen Luna und neuer Blockchain auf den Markt. Der alte Luna, der sich wie der Terra USD vom Crash bis jetzt nicht erholt hat, wurde einfach in „Luna Classic“ umbenannt. 

Geschädigten Anlegern dürfte dies ziemlich dreist vorkommen. Damit bleibt fraglich, ob Do Kwon das Vertrauen von Investoren so schnell zurückgewinnen kann. Weder der Luna Classic noch der Terra USD haben sich seitdem erholt. Aktueller Kurs des Luna Classic: 0,000139 USD. Aktueller Kurs des Terra USD: 0,025 USD. (Stand jeweils 31.05.2022). 

Auswirkung auf die gesamte Branche

Der Absturz des Terra USD und des Luna (Classic), sowie die Korrektur bei Bitcoin hat weitläufige Auswirkungen auf die gesamte Krypto-Branche. Der finanzielle Schaden dürfte in die Billionen gehen. Alleine mit dem Terra-Absturz wurden 38 Mrd. USD binnen einer Woche vernichtet.

Doch betroffen sind nicht nur Anleger, die in o.g. Kryptos investierten. Das Vertrauen in Krypto-Systeme und -Börsen insgesamt geriet ins Wanken. Der Aktienkurs der Kryptobörse Coinbase zum Beispiel gab im Mai ebenfalls um mehr als 50 % nach.

Etliche Anleger werden Kryptos längere Zeit oder sogar dauerhaft den Rücken kehren. Der Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistung warnte am 18. Mai 2022: „Es mag sich hip und harmlos anfühlen, Kryptotulpen zu kaufen oder einer Community von sogenannten ‚Lunatics‘ anzugehören. Doch bei solchen Investments können sich binnen kurzer Zeit Sparvermögen in Milliardenhöhe atomisieren – wie gerade geschehen.“ 

Bereits auf dem Privatinvestor-Tag am 14. Oktober 2017 äußerte Prof. Max Otte seine Skepsis gegenüber Bitcoins. Sicherlich hätte sich zwischenzeitlich mit Bitcoin bei den wilden Kursschwankungen auch Geld verdienen lassen. Aber wir haben keinerlei Möglichkeit, in irgendeiner logisch nachvollziehbaren Weise den Wert von Bitcoin zu berechnen oder uns ihm zu nähern. Damit können wir bei dieser „Vermögensklasse“ auch kein Value Investing betreiben. 

In unserer Anlagestrategie konzentrieren wir uns deshalb auf Aktien, Edelmetalle und Liquidität. Dies gilt sowohl für den Börsenbrief „Der Privatinvestor“ als auch für die von der PI Privatinvestor Kapitalanlage GmbH betreuten Fonds, wie den PI Vermögensbildungsfonds. 

Auch wenn Sie derzeit bei Käufen eher selektiv vorgehen und noch eine Reserve für spätere Transaktionen vorhalten sollten –auf Aktien verzichten oder aus Aktien rausgehen sollten Sie derzeit auf keinen Fall. 

Aktien sind Sachvermögen. Sie sind an einem Unternehmen und damit an realen Assets beteiligt. In dem jetzigen Szenario hoher und sehr wahrscheinlich noch weiter steigender Inflation sind Aktien deshalb für uns die beste Anlageform. 

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Kerstin Franzisi

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