Central Japan Railway: bald wieder in Fahrt?

Auch wenn Sie sich wenig für Sport interessieren, die letzten beiden Wochen  kamen Sie aufgrund der täglichen Nachrichten nicht daran vorbei. Erstmals in der Geschichte wurden die Olympischen Spiele, die dieses Jahr in Tokio stattfanden,  weitestgehend ohne Publikum ausgetragen. In den Medien wurde dennoch fleißig berichtet. Trotzdem war diesmal alles anders. Vielen Unternehmen der Gastronomie- und Touristikbranche entging diesmal viel Geld. Auch Top-Sponsoren wie der japanische Bierbrauer Asahi und Coca-Cola machten diesmal kein Geschäft.

Was die olympischen Spiele 2021 in Mitleidenschaft zog (die eigentlich schon 2020 stattfinden sollten), gilt erst recht und bereits seit mehr als einem Jahr für die Reisebranche. Ein Unternehmen, das hier in Japan ganz groß mitmischt ist Central Japan Railway Company. Das Unternehmen  ist eine von sechs privatisierten Nachfolgegesellschaften der früher staatlichen Japan Railway Gruppe.

Central Japan Railway ist für den Personenverkehr in der Region Tōkai zuständig. Herzstück des Geschäftsmodells ist das Shinkansen-Streckennetz zwischen den Metropolen Osaka, Nagoya und Tokio. Der gleichnamige Hochgeschwindigkeitszug ist weltberühmt. Teilweise mit bis zu 320 km/h unterwegs, bietet der Shinkansen in Japan eine echte Alternative zu Flugreisen.

Nachhaltigkeit und Energiewende sind Thema

Central Japan Railway investiert in neueste technische Innovationen und senkt so den Energieverbrauch der Züge und Bahnhöfe stetig. Nachhaltigkeit und Energiewende sind dem Unternehmen offensichtlich wichtig. Dass Innovation, technischer Fortschritt dafür der Schlüssel sind, hat das Management schon lange erkannt.

An der Börse notiert Central Japan im Übrigen schon seit 2005. Hauptbörse ist dabei – wie soll es anders sein Tokio.

Von Corona ge- aber nicht ausgebremst

Der Betreiber der berühmten Shinkansen-Strecke von Osaka bis Tokio wurde von Corona hart getroffen. Die Strecke ist normalerweise nicht nur für Berufspendler extrem wichtig, auch von Touristen wird der schnellste Zug der Welt „normalerweise“ stark frequentiert. Hier reist man inklusive Zwischenstopps mit durchschnittlich über 200 km/h.

Die gewöhnlich hohe Auslastung findet sich auch bei alle anderen Zuglinien des Unternehmens. Trotzdem hat 2020 alles verändert. Die Waggons der Züge waren monatelang fast leer. Die Zahl der Passagiere auf der Tokaido-Shinkansen-Linie blieb im vergangenen Jahr auf einem historischen Tief.

Diese Probleme haben rund um den Globus so gut wie alle Unternehmen, die im Personenverkehr aktiv sind. Fluggesellschaften können ein Lied davon singen. Klar, dass nur die Gesellschaften mit herausragender Positionierung, finanzieller Stärke und einer robusten Bilanz die Krise einigermaßen unbeschadet überstehen werden. Daher kann eine Pandemie wie Covid-19 ein Unternehmen wie Central Japan Railway bremsen – aber nicht ausbremsen. Wegen der konservativen Führung, die stets auf den Aufbau von Reserven bedacht war, hatte Central Japan Railway keine Probleme, die Krise auszusitzen. Staatshilfen in Milliardenhöhe, wie im Fall von Lufthansa waren nicht von Nöten.

Solide Zahlen in gesellschaftlicher Mission

Laut eigener Firmenphilosophie will Central Japan Railway einen Beitrag zur Entwicklung der Hauptverkehrsader Japans und der sozialen Infrastruktur leisten. Was aber nicht heißt, dass das Unternehmen dabei nicht profitabel arbeitet. Die Umsatz- und Gewinnentwicklung der zurückliegenden Jahre belegen dies.

Entsprechend der stark gesunkenen Passagierzahlen der Jahre 2020/2021 sank das Ergebnis von Central Japan Railway drastisch. Dennoch deuten die aktuellen Quartalszahlen auf mehr als einen Silberstreifen am Horizont hin.

Aktuelle Zahlen geben Hoffnung

Anfang August hat Central Japan Railway die Daten zum jüngst abgelaufenen Quartal veröffentlicht. Der Verlust je Aktie wurde auf 144,5 JPY (1,11 EUR) beziffert. Im Vorjahresquartal hatte Central Japan Railwayein Ergebnis je Aktie von ca. -370 JPY (2,85 EUR) gemeldet. Beim Umsatz kam es zu einem Plus von 40,3 % im Vergleich zum Umsatz im Vorjahr. Aktuell wurde der Umsatz mit etwa 180,6 Mrd. JPY (ca. 1,4 Mrd. EUR) ausgewiesen. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres wurden im Hinblick darauf 128,7 Mrd. JPY (ca. 1,0 Mrd. EUR) notiert.

Vieles deutet auf erhebliches Nachholpotenzial  

Die Pandemie ist die Ausnahme. Die Krise war nicht hausgemacht, sondern brach von außen auf Unternehmen wie Central Japan Railway herein. Obwohl derzeit erst 30 % der Japaner vollständig geimpft sind, ist die Entspannung der Lage recht nah. Sobald Corona erfolgreich zurückgedrängt werden kann, werden auch wieder viele Japaner täglich zur Arbeit pendeln. Und der Tourismus wird früher oder später ebenfalls wieder zurückkommen. Im laufenden Kalenderjahr und damit bei Central Japan Railway für das Geschäftsjahr 2021/22 ist mit einem weiteren Anstieg zu rechnen.

Expansion geht ungebrochen weiter

Auch die weiterhin verfolgten Expansionsbestrebungen von Central Japan Railway belegen, dass das Unternehmen keinesfalls gewillt ist, die Flinte ins Korn zu werfen. Der Bau der geplanten Magnetschwebebahn Chuo-Shinkansen ist ein Indiz dafür.

Bei der Finanzierung dieses Mega-Projekts hat Central Japan Railway aufgrund der Pandemie im Übrigen einen für Europäer recht ungewöhnlichen Weg beschritten. Das Unternehmen „bat“ sämtliche Führungskräfte und Vorstandsmitglieder,  „freiwillig“ 10%  der im Zeitraum Mai bis Oktober 2020 erhaltenen Vergütung an das Unternehmen zurückzuzahlen.

Wenn Sie die japanische Kultur und die dortige Arbeitswelt etwas kennen, wissen Sie um das Pflicht- und Ehrgefühl, das dort sehr wichtig ist. Auch wenn es „freiwillig“ war, wird kaum eine Führungskraft dieser Bitte nicht nachgekommen sein. Den Arbeitgeber im Stich zu lassen, währe gehen diese stark verankerten Grundwerte.

Sobald der Chuo-Shinkansen seinen Betrieb aufnehmen kann, bietet das Unternehmen eine interessante Alternativ-Strecke zur berühmten Route des Tokaido-Shinkansen. Wenn die normale Auslastung wieder erreicht wird, bedeutet dies eine enorme Entspannung für Pendler und Touristen, da sich die Passagiere auf zwei Strecken verteilen.

Wie sich der Aktienkurs entwickelt, können wir freilich nicht sagen. Was das Geschäft selbst betrifft spricht aber einiges dafür, dass dieses – wie auch die Züge des Unternehmens – früher oder später wieder an Fahrt gewinnt.

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