Das Geschäft mit der Pflege – ein nachhaltiges Vorbild aus Down Under

Ein Bereich, der uns und viele Anleger immer wieder bewegt, ist das Thema Nachhaltigkeit und Ethik beim Investieren. Gerade bei vielen Großkonzernen lassen sich hier immer wieder kritische Aspekte finden. Nehmen wir beispielsweise die Wasserpolitik von Nestlé. Der Konzern kaufte jahrelang in Entwicklungsländern Trinkwasserquellen auf. Die dortige Bevölkerung verlor damit den freien Zugang zu diesen Quellen. Das gesunde Wasser, das von Nestlé in den Supermärkten angeboten wird, können sich diese Menschen nicht leisten.

Auch beim Thema Rohstoffabbau – zum Beispiel bei seltenen Metallen wie Kobalt für die Batterieherstellung für Smartphones, Tablets und Elektroautos – sind die gesellschaftssozialen und umweltpolitischen Kollateralschäden in den Abbauländern teilweise verheerend. Dabei sind die genannten Beispiele nur stellvertretend für viele Branchen und Unternehmen. Ob und wo dabei eine Beteiligungsgrenze für Sie als Investor (und auch als Verbraucher) besteht, kann und muss jeder für sich selbst entscheiden.

Insgesamt drängt sich bei all diesen Überlegungen schnell die Frage auf: Geldanlage und Ethik bzw. Nachhaltigkeit – geht das überhaupt zusammen? Oder schließt sich das grundsätzlich nicht eher aus? Tatsächlich wird es schwierig, Unternehmen zu finden, die in allen Aspekten absolut nachhaltig und ethisch einwandfrei aufgestellt sind. Ein Bereich, der speziell hier zu Lande stark unter Kritik steht, ist der Pflegesektor – oder genauer gesagt: die Bedingungen in Pflegeeinrichtungen.

Nachhaltig ist, wenn alle gewinnen

Die steigende Lebenserwartung und gleichzeitige Alterung der Gesellschaft ist eine Tatsache und lässt die Nachfrage nach Betreuungs- und Pflegedienstleistungen steigen. In Deutschland gehen Menschen für bessere Bedingungen und mehr Personal in der Pflege auf die Straße, denn es herrscht Pflegenotstand. Natürlich ist diese kontinuierlich weiter auseinanderklaffende Schere ein gesamtgesellschaftliches Problem, für das vor allem die Politik stark in der Pflicht steht. Aber können und sollten wir uns darauf verlassen? Wir sind der Ansicht, dass man sich auch bei erfolgreichen Unternehmen in diesem Bereich etwas abschauen muss.

Immer mehr solcher Einrichtungen sind heute im Besitz von Investmentgesellschaften, die nahezu alles in erster Linie auf Profit setzen. Häufig steht hier in der Kritik, dass die Unternehmen nur noch auf Kostensenkung und Gewinnmaximierung getrimmt werden und das Wohl der Patienten und Mitarbeiter weit hintenansteht. Dass dies nicht so sein muss, zeigt Ryman Healthcare. Das neuseeländische Unternehmen ist ein absolutes Positivbeispiel, wie höchster Pflegestandard, gute Arbeitsbedingungen für Mitarbeiter und Aktionärsinteressen doch Hand in Hand gehen können. Das neuseeländische Unternehmen Ryman Healthcare schafft eine Win-Win-Situation für Bewohner, Mitarbeiter, die Gesellschaft und zu guter Letzt auch für die Aktionäre. Ja, das ist möglich!

Das Village-Konzept – ein ganzheitliches Geschäftsmodell

Die von Ryman Healthcare betriebenen „Retirement Villages“ unterscheiden sich sowohl in ihrer Größe als auch ihrem Dienstleistungsangebot sehr von unseren in Europa bekannten Seniorenresidenzen. Vor allem das den Kunden gebotene Freizeitangebot ist viel weitläufiger und größer. Es wird von Schwimmbädern, Wellness, Tanz- und Fitnesskursen, Kinos, bis hin zum Golfplatz je nach verfügbarer Fläche alles geboten. Dadurch, dass sich die Seniorenzentren oft in unmittelbarer Nähe zum Stadtzentrum befinden und neben Pflege- und Ärztehäusern auch Geschäfte, Cafés und Restaurants anbieten, können sie schon fast wie ein eigener, kleiner Stadtteil angesehen werden, dessen Infrastruktur optimal auf die Bedürfnisse älterer Menschen ausgerichtet ist.

Bei uns werden Seniorenresidenzen, in denen ein selbständiges Leben möglich ist, oftmals völlig getrennt von Pflege- und Betreuungseinrichtungen geführt. Bei dem Konzept von Ryman Healthcare sind die unterschiedlichsten Wohnsituationen auf einer Fläche vereint. Für die Bewohner bedeutet dies den Vorteil, dass sie ihre vertraute Umgebung nicht verlassen müssen, wenn sich ihre Lebenssituation und ihr Pflegebedarf ändert.

Die Bewohner der Häuser und Apartments erhalten so die Gewissheit, dass für sie gesorgt wird und sie nicht wieder umziehen müssen, weil das Fürsorgekonzept alle Pflegestufen abdeckt. Die Mitarbeiter haben wenig Bürokratie zu bewerkstelligen und erhalten vernünftige Gehälter. Dadurch sind sie zufrieden und motiviert. Die Gesellschaft hat die Sicherheit, dass für die Älteren verlässlich gesorgt wird und am Ende profitiert auch der langfristige Aktionär vom guten Unternehmenszweck und den Wachstumsperspektiven des Unternehmens.

Das gesamte Spektrum an Fürsorge und Pflege unter einem Dach

Im Mittelpunkt der Strategie von Ryman Healthcare steht das Fürsorgekonzept. Die Gründer Kevin Hickman und John Ryder haben früher als Polizisten für Recht und Ordnung gesorgt. Als sie nach einem Brand in einem Seniorenheim ermittelten, waren sie von den dortigen Bedingungen geschockt. Sie wollten es besser machen und mit ihrem Unternehmen Ryman Healthcare der Welt zeigen, dass es auch anders geht.

Das Unternehmen sollte vom vollkommen unabhängigen und selbstorganisierten Wohnen bis hin zur höchsten Pflegestufe alle Betreuungsformen abdecken. Der Vorteil liegt klar auf der Hand: Ehepaare müssen nicht getrennt werden, wenn sich die Gesundheit eines Partners verschlechtert. Somit können die Bewohner in Frieden leben und dieses Leben wie im früheren Mehrgenerationenhaus genießen.

Organisches Wachstum durch mehrdimensionale Einnahmenstruktur

Ryman Healthcare plant, baut und managt all seine Seniorenzentren selbst. Sowohl das Land als auch die kompletten Immobilien auf den Arealen sind in Besitz des Unternehmens. Während diverse Shops, gastronomische Einrichtungen etc. verpachtet sein können, agiert Ryman Healthcare im Pflegesektor selbst. Seine Einnahmen generiert das Unternehmen zum einen durch den Verkauf von Wohnrechten („Occupation Rights“) und zum anderen durch laufende Einnahmen aus seinen Pflegedienstleistungen („Care Fees“). Dritte, aber von der Höhe geringste Einnahmeart sind Gebühren für Verwaltung und sonstige Dienstleistungen (z. B. hinzubuchbarer Reinigungsservice, Einkaufsdienst etc.) Die Einnahmen aus den Pflegedienstleistungen hingegen generieren sehr gut kalkulierbare und wiederkehrende Cashflows.

Die tatsächlich mit Abstand größte Einnahmequelle ist der Verkauf von Wohnrechten, der aber nicht als operative Umsätze verbucht wird, sondern nur am realisierten Gewinn abzulesen ist. Diese Erlöse können aber von Jahr zu Jahr stark schwanken, je nachdem wie viele Wohneinheiten in einem Jahr zum Wiederverkauf stehen und welche zusätzliche Kapazität neu eröffnete Wohnzentren bieten. Die Bewohner erkaufen sich bei Vertragsaufnahme ein Wohnrecht auf Lebenszeit in einer von Ryman Healthcare geführten Wohnparkanlage. Sie zahlen dabei eine hohe Summe auf einmal und im Voraus, ähnlich wie bei einem Immobilienerwerb. Die jüngsten Kunden sind dabei 60 bis 65 Jahre alt und sie gestalten zunächst ihren Lebensalltag selbstständig und unabhängig. Je nach Gesundheitszustand wechseln sie später in ein Betreuungssystem.

Hohe Nachfrage durch Immobilienblase in Neuseeland 

Die Wohnrechte bedeuten für die Bewohner zwar am Anfang der Vertragsaufnahme hohe einmalige Kosten. In den letzten Jahren sind die Immobilienpreise in Neuseeland und Australien aber explodiert. Ein Wohnrecht in einem Bungalow oder Apartment von Ryman Healthcare ist deutlich günstiger als eine Immobilie vergleichbarer Größe und Ausstattung in derselben Gegend am freien Immobilienmarkt. Der Preisdiscount bei Ryman Healthcarebeträgt oftmals mehr als 30 %. Dies, zusammen mit dem umfassenden Freizeit- und Pflegedienstangebot, macht das Wohnmodell von Ryman Healthcare so attraktiv.

Die Nachfrage ist im Moment derart hoch, dass ein neuer Wohnpark in der Regel schon lange vor der Fertigstellung so gut wie ausgebucht ist. Ryman Healthcare ist damit in der sehr komfortablen Situation, dass die Baukosten schon direkt im ersten Jahr der Eröffnung nicht nur gedeckt, sondern auch überkompensiert sind. Seit 2008 ist die Zahl der von Ryman Healthcare gemanagten Wohnparks von 16 auf 43 gestiegen. Dreizehn weitere Retirement Villages befinden sich derzeit im Bau bzw. in Planung.

Bessere Pflege und weniger Bürokratie durch digitale Innovation

Ryman Healthcare investiert auch in neue Technologien. Beispielsweise wurde MyRyman entwickelt, eine App für die Bereitstellung von Pflege- und Dienstplänen. Diese App erlaubt es, dass dem Pflegepersonal mehr Zeit mit den Bewohnern bleibt und der Papierkrieg reduziert wird. Auch andere Pflegeheime klagen über das immense Ausmaß an Schriftlichkeit in der Pflege und könnten so auch eine neue Zielgruppe für die App darstellen.

Zusätzlich experimentiert Ryman Healthcare mit künstlicher Intelligenz. Mittels der durch die App erhobenen Daten soll eine Verschlechterung der Gesundheit eines Bewohners erkannt und Maßnahmen zu Besserung eingeleitet werden. Zusätzlich ist ein Netzwerk für Mitarbeiter implementiert, wodurch die Pflegekraft Hilfe bei Problemen anfordern kann. Die besten Hilfestellungen, wie besondere Stühle mit Vorrichtungen, kleinere Tricks zur Erleichterung der Arbeit oder andere Lösungsansätze, werden konzernweit geteilt. Das Unternehmen möchte die Daten nutzen, um das Wohl der Patienten zu steigern und könnte so einen zusätzlichen Wettbewerbsvorteil aufbauen.

Rekordumsätze im ersten Quartal

Das erste Quartal 2021 (entspricht dem letzten Quartal des am 31. März 2021 geendeten Geschäftsjahrs) stellte für Ryman Healthcare einen neuen Umsatzrekord dar. Mit 403 Mio. NZD legte der Umsatz verglichen mit dem stark COVID-belasteten ersten Quartal 2020 um sage und schreibe 82 % zu. Bei einer Gesamtauslastung der Pflegeeinrichtungen von 97 % stehen alle Zeichen bei Ryman Healthcare auf Wachstum. Der Gewinn aus der operativen Geschäftstätigkeit (in der Berichterstattung von Ryman Healthcare: „Underlying Profit“) ist im zurückliegenden Geschäftsjahr insgesamt um 7,3 % auf 224,4 Mio. NZD gesunken. Gemessen an den pandemiebedingten Hemmnissen in 2020 halten wir diesen punktuellen Einbruch perspektivisch für klar vernachlässigbar – zumal der Gewinn des Unternehmens von 326 Mio. NZD in 2019 auf 423,1 Mio. NZD im Geschäftsjahr 2021 gestiegen ist.

Die Dividende beträgt aktuell 0,22 NZD pro Aktie, was nach etlichen Jahren kontinuierlicher Steigerung ein erstmaliger Dip ist (im Vorjahr betrug die Dividende 0,24 NZD pro Aktie) – wir gehen jedoch davon aus, dass sich die Anleger mit dem sich aktuell mehr als erholenden Geschäft in Zukunft wieder über regelmäßige Steigerungen freuen können.

Ihre Kerstin Franzisi

Chefredakteurin Der Privatinvestor


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