„Physisches Gold ist in punkto Krisenfestigkeit die Geldanlage Nummer Eins.“

Diese Ansicht war in der Vergangenheit von vielen Finanzexperten zu hören. In den zurückliegenden Monaten dürften bei Anlegern hingegen Zweifel aufgekommen sein. Denn der Goldpreis entwickelte sich parallel zu den Aktienmärkten – nämlich im Sinkflug. Hat Gold als Krisenwährung also ausgedient? Oder gibt es spezifische Gründe für den Rückgang, die bald schon wieder außer Kraft treten könnten?

Zinserhöhungen drücken Goldpreis

Infolge der US-Zinswende und der unmittelbar darauf einsetzenden Leitzinserhöhungen der Fed seit Frühjahr 2022 ist der Kurs des Goldpreises stark unter Druck geraten. Noch am 07.03.2022 notierte der Preis des begehrten Edelmetalls auf seinem jüngsten Hoch bei rund 2.070 USD pro Feinunze. Aktuell (Stand: 23.09.2022) sieht es ganz anders aus. Heute kostet die Feinunze Gold nur noch etwa 1.646 USD, was einen Rückgang um ca. 25,7 % bedeutet.

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Wenn Sie als Privatinvestor wie gewohnt physisches Gold in EUR handeln, hat sich der Kursverfall des Edelmetalls für Sie weniger drastisch dargestellt. Denn hier macht sich die USD-Stärke deutlich bemerkbar, da der USD gegenüber dem EUR von Anfang März bis Mitte September um etwa 13 % zugelegt hat. So kostete ein EUR am 06.03.22 rund 1,11 USD, während heute ein EUR nur noch für ca. 0,98 USD zu haben ist. Das hat natürlich Auswirkungen für den Kurs des Goldpreises in EUR im Vergleich mit seinem Pendant in USD.

Wenn die Feinunze Gold Anfang März etwa 1.884 EUR gekostet hat, zahlen Anleger derzeit rund 1.695 EUR, was einer Abschwächung des Kurses „nur“ um ca. 11,2 % entspricht. Hier zeigen sich deutliche Unterschiede zur Entwicklung des Goldpreises in USD, was aber in allererster Linie auf die auseinanderklaffende Performance der Währungspaares EUR/USD zurückzuführen ist.

Licht am Ende des Tunnels?

Aktuell scheint das größte Problem für physisches Gold zu sein, dass es im Gegensatz zu Anleihen nicht verzinst wird. Und einige Bonds weisen nach den ersten Leitzinserhöhungen der US-Notenbank bereits wieder relativ attraktive Verzinsungen von etwa 5% p.a. auf. Nach Angaben des World Gold Council wurden im August 2022 bei weltweiten Gold-ETFs Abflüsse von 51 Tonnen verzeichnet. Es ist davon auszugehen, dass diese Liquidität nun vor allem in Anleihen umgeschichtet wird.

Dies wird sich mittelfristig auch nicht ändern. Denn die Federal Reserve hat weitere Leitzinserhöhungen angekündigt. Die US-Notenbank hat erst Mitte September 2022 das Zinsniveau um 75 Basispunkte nach oben auf ein Niveau von 3,00 bis 3,25 angehoben. Anlässlich dessen hat der Fed-Chef, Jerome Powell, keinen Zweifel gelassen: In absehbarer Zeit wird die US-Zentralbank von ihrem eingeschlagenen Kurs einer restriktiven Geldpolitik nicht abweichen. Wir erleben Mario Draghis berühmt-berüchtigtes Credo „Whatever it takes!“ nun also mit umgekehrten Vorzeichen.

Demgegenüber steht allerdings eine steigende Nachfrage nach physischem Gold seitens der globalen Notenbanken sowie der Schwellenländer. Historisch betrachtet waren auch die 1970er-Jahre durch schwaches Wachstum und eine erhöhte Inflation charakterisiert – bei gleichzeitig steigendem Goldpreis. 1970 kostete beispielsweise die Feinunze noch knapp 38 USD, drei Jahre später zahlten Händler bereits mehr als 100 USD. Mittelfristig besteht bereits Hoffnung auf Erholungspotenzial: Die Fed könnte ihre Geldpolitik schon 2023 als Antwort auf ein sich abschwächende Wirtschaft wieder leicht lockern.

Wenn die Miner nicht mehr wollen …

Allerdings gibt es nicht nur finanzpolitische Aspekte, die für Investments in physisches Gold sprechen. Denn wichtige Gründe, die den Ruf der enormen Wertstabilität des Edelmetalls erklären, wenn nicht gar begründen, beruhen auf den besonderen Umständen der Produktion bzw. der Förderung von Gold. Aufgrund ihrer über Jahrzehnte hinweg erworbenen starken wirtschaftlichen Situation machen viele Goldminenbetreiber den Schürfbetrieb auf ihren Claims von dem Preis abhängig, den sie am Markt erzielen können.

Wenn die Förderkosten für eine Feinunze Gold den erreichbaren Ertrag übersteigen und somit einem möglichen Gewinn entgegenstehen, zögern die meisten Miner – selbst die Besitzer der ertragreichsten Claims – nicht sehr lange, ihre Maschinen einzumotten und die Tore vorübergehend zu schließen. Und das genau so lange, bis der Goldpreis wieder ein profitables Niveau erreicht. Aufgrund der aktuellen deutlichen Verteuerung von Öl, anderen Energieträgern und bald wohl auch von Arbeitslöhnen dürften die ersten Minenbesitzer wohl schon bald mit solchen Gedanken spielen.

Tritt diese Situation ein, wird es mit einiger Sicherheit zu einer Verknappung des Angebots kommen. Dies sollte wiederum zu einem höheren Goldpreis führen. Eine „bodenlose“ Verbilligung von physischem Gold wird es somit nicht geben. Beim Gold bleiben Angebot und Nachfrage also stets in einem Verhältnis, das langfristig steigende Preise begünstigt. Nicht zuletzt deshalb gilt das Edelmetall seit über 2000 Jahren als beständige Wertanlage.

Goldpreis: Günstig in der historischen Entwicklung

Wenn wir uns die Vergangenheit und hier besonders die historische Entwicklung des Goldpreises anschauen, können wir aus einer Bloomberg-Grafik entnehmen, dass dieser sich inflationsbereinigt vor Jahren erreichten Höchstständen entfernt hat.

Quelle: Eigene Darstellung nach Bloomberg

Wer den Rückgang des Kurses und die deutlich erhöhte Inflation der vergangenen Monate hinzuaddiert, wird im Ergebnis einen Goldpreis erhalten, der sich wohl nur knapp 40 % unter den ehemaligen Höchstständen bewegt. Ohnehin kommt Wittmann in seiner Studie noch zu einem wesentlich deutlicherem Resultat:

Quelle: Eigene Darstellung nach Bloomberg

Gold ist damit von einer Überbewertung – zumindest im historischen Vergleich – noch weit entfernt. Die hoch bewerteten Aktienmärkte haben in der Zwischenzeit eine starke Korrektur einstecken müssen. Beim Gold ist die Luft nach unten momentan deutlich geringer.

Die aktuelle Goldschwäche zum Nachkaufen nutzen

Fazit: Auch wenn der der Kurs des immer noch äußerst begehrten Edelmetalls in jüngster Zeit nachgegeben hat, ändert sich nichts daran, dass ein Investment in physisches Gold in punkto Werterhalt nicht zu toppen ist. Der Goldpreis wird seine aktuelle Schwäche wieder überwinden. Viele Aspekte wie die historische Betrachtung, eine beständige Nachfrage und fördertechnische Besonderheiten sprechen dafür. Allerdings sollte Gold nicht die einzige Stütze der langfristigen Vermögenssicherung sein. Die beste Anlageklasse sind hierfür Qualitätsaktien krisenfester Unternehmen. Edelmetalle sind in Ihrem Portfolio eher als Beimischung zu betrachten, um kurzfristige Schwankungen am Aktienmarkt auszugleichen.

Wöchentliche Anlagechancen in unserem Börsenbrief

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Kerstin Franzisi

Chefredakteurin Der Privatinvestor


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